Zu trocken, zu heiss: Schweizer Seen und Flüsse haben 2022 besonders stark gelitten
Der Wasserpegel des Lago Maggiore lag im vergangenen Jahr satte 88 Zentimeter tiefer als in der Normperiode zwischen 1991 und 2000. Das entspricht dem tiefsten Jahresmittelwert seit Beginn der Aufzeichnungen vor 80 Jahren. Auch die anderen grossen Seen im Land fassten 2022 deutlich weniger Wasser als in den Jahren zuvor: Der Walensee lag durchschnittlich 20 Zentimeter tiefer, im Bodensee stand das Wasser – je nach Ort der Messung – bis zu 32 Zentimeter weniger hoch im Vergleich zur Normperiode.
Die Zahlen stammen aus dem am Dienstag veröffentlichten Hydrologischen Jahrbuch 2022. Darin legt das Bundesamt für Umwelt (Bafu) dar, wie es um die Schweizer Gewässer, die Gletscher und das Grundwasser steht.
Gründe für die tiefen Pegelstände der Seen gibt es gemäss den Autoren des Berichts mehrere: «Sowohl der anhaltende Niederschlagsmangel als auch die hohen Temperaturen im Jahr 2022 haben bei den Seen Spuren hinterlassen», schreiben sie. Das führte dazu, dass viele Gemeinden zum Wassersparen aufriefen und die Landwirte in gewissen Regionen den Gewässern kein oder nur noch wenig Wasser entnehmen durften. Die geringen Abflussmengen hatten auch negative Auswirkungen auf die Stromproduktion mittels Wasserkraft sowie die Schifffahrt auf dem Rhein und einzelnen Seen, heisst es im Bericht.
Gletscherschmelze wirkt sich auf den Genfersee aus
Eine Rolle spielte auch der schneearme Winter 2021/22. In Kombination mit der Hitze im Juli und August seien in der Folge die Gletscher besonders stark geschmolzen: «Es wurden sämtliche Rekorde der Eisschmelze gebrochen.» Und: «Das Jahr 2022 war für Schweizer Gletscher katastrophal.» Das führte dazu, dass der Pegel einzelner Seen – zum Beispiel des Genfersees – trotz wenig Niederschlag und warmer Temperaturen leicht über dem langjährigen Mittel lag, wie die Autoren schreiben: «Der Genfersee profitierte von den stark überdurchschnittlichen Zuflüssen aus den vergletscherten Einzugsgebieten.»
Überdurchschnittlich hoch waren im vergangenen Jahr auch die Wassertemperaturen. Gerade bei «Gewässern in tieferen Lagen» folgen diese Beobachtungen einem längerfristigen Trend. 2022 war es die Kombination aus warmen Lufttemperaturen und wenig Wasser, die dazu führte, dass in zahlreichen Seen und Flüssen die «für Gewässerlebewesen kritische Wassertemperaturmarke von 25 Grad» überschritten wurde. Für die Fische seien solche Temperaturen «lebensbedrohlich», heisst es im Bericht. Bereits wenn das Wasser 20 Grad warm ist, leiden kältebedürftige Fischarten wie etwa Forellen oder Äschen. (chi)