Für mehr als eine Viertelmillion Franken wechselte die Aarburg 1299 den Besitzer
Vom 18. bis 20. August feiert Aarburg 900 Jahre seit der Ersterwähnung. Denn in einer Urkunde, in welcher der römisch-deutsche Kaiser Heinrich V. am 23. Januar 1123 im elsässischen Strassburg die Rechte des süddeutschen Benediktinerklosters Alpirsbach bestätigte, werden als Zeugen unter anderen ein Adelbero, comes de Areburc, und dessen Bruder Hermann de Froburc aufgeführt. Wie Fritz Heitz in seinem Buch «Aarburg», das 1965 in der Reihe der Schweizer Heimatbücher erschienen ist, schreibt, handelte es sich bei beiden Herren um Vertreter des hochadeligen Geschlechtes der Frohburger. Dies bestätigt 1992 August Bickel in seinem Buch «Zofingen von der Urzeit bis ins Mittelalter»: «In den Quellen erscheint als erstes der Name der Burg beziehungsweise der Herren, die sie besassen oder bewohnten. Erstmals ist das 1123 der Fall mit der Erwähnung Graf Adelberos von Aarburg, der ein Frohburger war.»
Burg geht an die von Büron und wieder an die Frohburger
Somit wird die in Jakob Bolligers «Aarburg. Festung, Stadt, Amt» angestellte Vermutung eines Schreibfehlers widerlegt. In der zweiten Auflage von 1998 steht, dass die Richtigkeit der eingangs erwähnten Urkunde von 1123 angezweifelt werde, da sie nur in Abschrift überliefert sei. Zudem sei es unwahrscheinlich, dass ein Frohburger unter einem anderen Namen als seinem eigenen unterschrieben hätte. Es wird die These präsentiert, dass die Freiherren von Büron, die einigen Besitz im unteren Wiggertal hatten und gegen Ende des 12. Jahrhundert als Freiherren von Aarburg auftraten, die «burg ze Arburg» gegründet hätten. Als Hinweis dient ein Lüthold von Aarburg, der von 1191 bis 1213 Fürstbischof von Basel war. Dessen Grossvater Chono de Bürron und Vater Liutold werden 1130 erstmals erwähnt – aber zu jener Zeit nannten sie sich noch von Büron.
Dieser Lüthold beweist also nur, dass die Herren von Büron die Burg einmal besassen und sich daher von Aarburg nannten. Die Burg ging dann wieder an die Frohburger über; wann genau, ist unbekannt. Bickel vermutet gegen Ende des 12. Jahrhunderts. Sicher ist jedoch, dass sie sich um die Mitte des 13. Jahrhunderts in frohburgischem Besitz befand – 1255 und 1261 urkundete Graf Ludwig IV. aus dem Waldenburger Zweig der Frohburger auf der Aarburg. 1263 schenkte er die Burg dem Johanniterorden, von dem er sie wieder gegen zehn Pfund Wachs jährlich auf Lebenszeit als Lehen empfing. Heitz bezeichnet in seinem Buch diese Schenkung als mögliches Täuschungsmanöver, um die Aarburg während der Zeit des Interregnums (königslose Zeit im Heiligen Römischen Reich, 1245/50 bis 1273, siehe auch ZT vom 27. Juli 2022) vor dem drohenden Zugriff Mächtigerer, vermutlich den Habsburgern, zu schützen.
Die Frohburger: Beherrscher der Region
Die Frohburger waren im 12. und 13. Jahrhundert eines der mächtigsten Hochadelsgeschlechter auf dem Gebiet der heutigen Schweiz. Sie waren Grafen des Buchsgaus, also der Landschaft am Jurasüdfuss zwischen Wiedlisbach im Westen und Erlinsbach im Osten. Zudem waren sie im Sisgau, dem heutigen Baselbiet, reich begütert. Weiter erstreckte sich ihr Besitz über den von Wynau, Roggliswil, Wikon, Bottenwil, Safenwil und Starrkirch-Wil begrenzten Raum. Somit kontrollierten sie mehrere wichtige Verkehrs- und Handelswege der Zeit: die Aare als wichtigen Wasserweg, die beiden Hauensteinübergänge sowie die uralten West-Ost-Linien und deren Kreuzung mit der Nord-Süd-Verbindung, die zum Gotthard führte. Noch heute befindet sich mit der Autobahnverzweigung A1/A2 Wiggertal die Kreuzung dieser wichtigen Verkehrswege in der Region. Gegen Mitte des 13. Jahrhunderts setzte der Niedergang dieses Geschlechts ein, der den mit ihnen versippten Habsburgern zugute kam.
Wann die Burg erbaut wurde, ist unklar. In älteren Publikationen werden Vermutungen angestellt, wie zum Beispiel bei Heitz. Er schreibt vom Beginn des 12. Jahrhunderts. Im Historisch-Biographischen Lexikon der Schweiz (HBLS) wird die Gründung sogar im 11. Jahrhundert verortet, wie auch bei Georg Boner: Die Grafen von Frohburg «haben jedenfalls um 1100, vielleicht schon früher, auf dem steil zum Flussufer abfallenden und das Aaretal – das an dieser Stelle auch von der Gegenseite her durch die Anhöhe des Born eingeengt wird – abriegelnden Felsgrat die Aarburg erbauen lassen. Die neuere Forschung lässt sich nicht auf Spekulationen ein: Das Historische Lexikon der Schweiz (HLS) und Bickel nennen gar keine Daten.
Urkundliche Erwähnung findet die Burg (zur Festung wurde sie erst durch den bernischen Ausbau im 17. Jahrhundert) im auf den 17. September 1299 datierten Kaufvertrag zwischen Graf Volmar IV. von Frohburg und den Herzögen Rudolf und Friedrich von Österreich: «Ich[,] grave Volmar von Froburg[,] tuon kunt allen den, die disen brief sehent oder horent lesen, d[ass] ich dien hohen herren herzogen Ruodolfe und herzogen Frideriche von Oesterich und ir bruodern han ze koufenne gegeben an werschaft die burg ze Arburg mit luiten, mit guetern, mit twingen und mit bannen und mit allen dien rechten, so darzuo hoeret und ichs har han bracht, ane d[ass] ich mir selben usverdinget und behebt han, als hie nah gescriben stat, umbe sehzehendhalb hundert march loetigs silbers.» Diese 1650 Mark Lötigen Silbers entsprechen heute etwa 260 000 Franken (Umrechnung siehe Kasten links).
Die grosse Frage: Was ist mit der Stadt? In oben genannter Urkunde ist nur von der «burg ze Arburg» und einiger dazugehörenden Gütern die Rede, was gemäss Bolliger «beim tatsächlichen Bestehen einer [Siedlung] eher ungewöhnlich wäre». Somit ist anzunehmen, dass zum Zeitpunkt des Verkaufs noch keine Stadt vorhanden war und die Siedlung eine habsburgische Gründung ist, die wohl kurz nach dem Kauf erfolgte; denn bereits ab 1330 wird Aarburg explizit als Stadt bezeichnet, obwohl hier kaum mehr als 200 Einwohner gelebt haben dürften.
Literatur zur Geschichte Aarburgs
August Bickel, Zofingen von der Urzeit bis ins Mittelalter, Aarau 1992
Jakob Bolliger, Aarburg. Festung, Stadt, Amt, 2. Auflage, Aarburg 1998
Georg Boner, Die Urkunden von Stadt und Amt Aarburg, Aarau 1965
Max Hans Disteli, Aarburg. Ein Beitrag zur Geographie einer Schweizer Kleinstadt, Liestal/Zürich 1954
Roland Gerber, Herrschaftswechsel mit Misstönen: der Übergang der Herrschaft Aarburg von Habsburg an Bern zwischen 1415 und 1458, in: Argovia, Jahresschrift der Historischen Gesellschaft des Kantons Aargau, Band 120, 2008
Fritz Heitz, Aarburg. Schweizer Heimatbücher, Bern 1965
Historisch-Biographisches Lexikon der Schweiz HBLS, Erster Band, Neuenburg 1921
Historisches Lexikon der Schweiz HLS, Online-Version, https://hls-dhs-dss.ch
1415: Die Berner kommen und übernehmen die Burg
Die Habsburger übergaben die Aarburg dem Dienstmann Ritter Johannes I. Kriech zu Lehen. Im Jahre 1327 mussten sie die Herrschaft gar an die Familie Kriech verpfänden. Dies war zu wiederholten Malen der Fall, bis Johannes III. Kriech im Frühjahr 1415 Burg und Herrschaft den Bernern übergeben musste.
Zwar sicherte der Rat der Stadt Bern in der Kapitulationsurkunde vom 20. April 1415 Kriech zu, ihm die Burg und alle der Herrschaft zugehörigen Rechte zu lassen. Doch nach Ende des Feldzuges im Aargau war der Rat entschlossen, die strategisch wichtige Burg in seinen Besitz zu bringen. Also wurde Kriech nach Bern zitiert und gezwungen, am 1. Februar 1416 Herrschaft und Burg zu verkaufen – und zwar für die von den Herzögen von Österreich geschuldete Pfandsumme von 618 Goldgulden und 460 Mark Silber (etwa 181 600 Franken). Die Berner hatten jedoch gemäss Roland Gerber in Band 120 der «Argovia» nur die Ansprüche von Kriech anerkannt, die er mittels Urkunde nachweisen konnte. Die von Gerber publizierte Aufstellung weicht um 200 Goldgulden und 160 Mark Silber (etwa 60 520 Franken) von dem ausbezahlten Betrag ab. So kommen wir in die Nähe des 1299 von den Habsburgern an die Frohburger bezahlten Betrages von 260 000 Franken.
Am Samstag, 19. August wird das neue Buch zur Stadtgeschichte der Öffentlichkeit präsentiert.