Wegen Auftragsrekord: Stadler investiert in Werke und kauft Landreserve in der Ostschweiz
Mit einem Auftragseingang von 4,7 Milliarden Franken im ersten Halbjahr 2023 hat der Schienenfahrzeughersteller Stadler zwar nicht ganz so viele Bestellungen erhalten wie in der Vorjahresperiode (6 Milliarden Franken), aber die Erwartungen der Analysten um 800 Millionen deutlich übertroffen. Der Auftragsbestand hat seit dem Jahreswechsel weiter stark zugenommen, von 22 Milliarden auf rekordhohe 25,4 Milliarden Franken. Damit hat Stadler gut das Sechsfache eines normalen Jahresumsatzes in den rappelvollen Büchern.
Beim Umsatz verzeichnet der von Peter Spuhler präsidierte Konzern einen Rückgang von 1,5 auf 1,3 Milliarden Franken. Dabei haben erneut negative Währungseffekte als Folge der Frankenstärke die Verkäufe belastet, und zwar im Umfang von 40 Millionen Franken.
Beim Betriebsergebnis weist Stadler 47,5 Millionen Franken aus, nach 66,8 Millionen im Vorjahressemester. Damals hat allerdings ein positiver Einmaleffekt im Zusammenhang mit dem Kauf der deutschen Signaltechnikfirma BBR das Ergebnis um 21,3 Millionen aufpoliert.
Auftragsflut erfordert Investitionen
Die operative Marge kommt auf 3,7 Prozent des Umsatzes zu liegen, weiterhin deutlich geringer als das mittelfristige Ziel von 8 bis 9 Prozent. Unter dem Strich zeigt Stadler einen Reingewinn von 25,8 Millionen Franken nach 2,4 Millionen im Vorjahressemester, als erhebliche Kursverluste auf Fremdwährungspositionen angefallen waren.
Trotz Inflation, Frankenstärke (die das Betriebsergebnis um 15 Millionen Franken belastet hat) und konjunktureller Abkühlung in vielen Zielmärkten Stadlers ist die Nachfrage nach Stadler-Produkten weiterhin dynamisch. Zur Abarbeitung der vielen Aufträge und zur Vermeidung künftiger Engpässe geht Stadler für 2023 von Investitionen in die Komponenten- und Endmontagewerke von über 200 Millionen Franken aus.
Davon sind 125 Millionen bereits im ersten Semester ausgegeben worden. Geld wurde vor allem in die Werke in Deutschland, Spanien und Ungarn gesteckt. In Summe hatte Stadler zur Jahresmitte Aufträge in Arbeit in Höhe von brutto 3,35 Milliarden Franken, 550 Millionen mehr als Ende 2022. Die längsten Aufträge in den Büchern haben eine Laufzeit bis 2034.
Mit der Marge soll es gemächlich aufwärts gehen
Am Standort St.Margrethen SG, Stadlers Kompetenzzentrum für Doppelstöcker, hat das Unternehmen ausserdem ein angrenzendes Grundstück erworben, um die Kapazität bei Bedarf erweitern zu können. Details nannte Stadler-Chef Markus Bernsteiner noch keine.
Trotz teils weiterhin angespannter Lieferketten sei es bei der Auslieferung von Fahrzeugen zu keinen wesentlichen Verzögerungen gekommen. Wie Bernsteiner sagt, hat sich beispielsweise die Liefersituation bei den Halbleitern entspannt. «Aber bei gewissen Spezialteilen kann es immer noch da und dort haken.»
Für das ganze Jahr rechnet Stadler weiterhin mit 3,7 bis 4 Millionen Franken Umsatz und einem Auftragseingang, der rund dem Anderthalbfachen des Umsatzes entspricht. Die operative Marge soll auf Höhe des Vorjahres (5,5 Prozent) zu liegen kommen. Für 2025 hält Bernsteiner 7 bis 8 Prozent für realistisch. Später peilt man weiterhin 8 bis 9 Prozent an.
Startvorbereitung in Kasachstan
Als weitaus grössten Einzelauftrag im ersten Semester hat Stadler jenen aus Kasachstan erhalten, bei dem es um die Lieferung von 537 Schlaf- und Liegewagen im Gesamtwert von 2,3 Milliarden Euro geht. Momentan wird das Werk in der kasachischen Hauptstadt Astana, das Stadler als Teil des Vertrags übernommen hat, vorbereitet und aufgerüstet.
Laut Bernsteiner soll die Produktion am Ort im Laufe des Jahres 2024 beginnen, und der Auftrag werde Umsätze generieren bis 2029. Zudem werde Stadler aus dem damit verbundenen 20-jährigen Serviceauftrag für das Rollmaterial weitere 700 bis 800 Millionen Euro einnehmen.