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«Es wird anarchistisch laut und bunt»: Das Fantoche warf sich zur Eröffnung in Punk-Schale 

Wo ein Regierungsrat Bierdosen wirft und sich der Filmchef des Bundesamtes für Kultur als «gepflegterer Punk» zu erkennen geben: Die 21. Ausgabe des internationalen Filmfestivals für Animation wurde im Trafo eröffnet – dessen Motto bot dort die eine oder andere Steilvorlage.

Mit harten Gitarrenriffs und krachendem Schlagzeug wurde am Dienstagabend die 21. Fantoche-Ausgabe eingeläutet. Das renommierte Festival für Animationsfilm steht dieses Jahr unter dem Motto «Punk is not dead».

Wie immer unterhaltsam und schlagfertig führte Jane Mumford durch den Eröffnungsabend, diesmal im passenden Punk-Kostüm. Auch ihre «Band» und deren Entourage hatte sich für den Auftakt in Punk-Schale geworfen und sassen – oder eben jammten – auf der Bühne herum.

Das Punk-Thema diente Mumford als ideale Steilvorlage, um Votanten wie Regierungsrat Markus Dieth (Die Mitte) oder dem obersten Filmchef des Bundes, Ivo Kummer, Privateres zu entlocken. Punk sei «ein permanentes ‹Dagegen›, sobald es zu eng und zu autoritär wird, bricht es aus und schafft sich Freiräume», erklärte sie einleitend.

Es sei an der Zeit, etwas gegen die «autoritären Backlashs» entgegenzusetzen, die gerade überall auf der Welt stattfinden. Deshalb lege das Fantoche dieses Jahr den Fokus auf demokratische Bewegungen: Das Filmprogramm zeige auf, welchen Einfluss diese auf das Medium der Animation hätten.

Des Regierungsrats Frisur war nie genug Punk-konform

Direktorin Ivana Kvesić erklärte etwas später, dass für sie das Festival im letzten Jahr zu sehr im Zeichen des Kriegs gestanden sei. «Für mich ist Punk eine anarchistische und rebellische Bewegung, die Spass macht, aber auch auf Missstände zeigt und der Gesellschaft einen Spiegel vorhält.» Sie fände es cool, rebellisch-nichtkonforme Animationsfilme zu zeigen und diese auch auf die heutige Gültigkeit zu testen. «Es wird extrem spannend und anarchistisch laut und bunt», bekräftigte sie.

«Punk» Jane Mumford führte unterhaltsam wie eh und je durch die Eröffnung des Animationsfilm-Festivals.
Bild: Andrea Zahler

Gar nicht ins Bühnenbild passte da Markus Dieth (Die Mitte) im üblichen Regierungsrats-Tenü. Bevor er zu Wort kommen konnte, musste er deshalb erst einmal seine Jacke mit der schwarzen Lederweste tauschen, die einer der Punks auf der Bühne trug. Daraufhin fragte ihn Mumford nach seiner Punk-Vergangenheit, weil er die Weste so «bereitwillig» angezogen habe. Dies verneinte er aber sogleich: «Mit dieser Frisur geht das nicht», erklärte er und sorgte damit im Publikum für Gelächter.

Er würde sich mit Herzblut für eine gesunde und gesellschaftliche Entwicklung ein, und immer wieder auch wichtige Impulse für den Kulturkanton Aargau setzen, hatte ihn Mumford einleitend vorgestellt. Dieser versuchte ganz dem Motto entsprechend, mit der trockenen Materie der politischen Ansprache zu brechen und etwas Unerwartetes zu machen: «Der Wunsch, Regeln zu biegen oder gleich zu brechen, etwas selbst in die Hände zu nehmen, einfach Reissaus nehmen und Normen hinterfragen, ist dieser Drang ein Motto für das Fantoche 2023?», fragte er rhetorisch. Er bejahte diese Frage gleich selbst: «Das Jahresthema ‹Punk is not dead› passt wunderbar zu einem Animationsfilmfestival!»

Animationsfilme würden das Abtauchen in fantastische und abstrakte Welten «ermöglichen, in denen das Unmögliche möglich wird». Animation sei stark in der Symbolik und bei Dingen, die sonst zwischen den Zeilen passieren würden, «vor allem oft in der Politik». Ob er denn selbst Regeln brechen möchte und der Band eine Bierdose anschmeissen möchte, fragte Mumford kurz darauf. Dieth liess sich nicht zweimal bitten.

Filmchef war einst ein «gepflegterer Punk»

Kein Punk, sondern ein «New Waver», also ein «gepflegterer Punk», war Ivo Kummer, seines Zeichens Filmchef des Bundesamtes für Kultur. Denn als solcher hatte man «keine Ratten und keine Läuse», sagte er. Wenn er jedoch hier so in die Runde schaue, dann sehe das hier heute wirklich sehr gepflegt aus, erklärte er in ironischer Anspielung auf das «etwas» gestellt wirkende Punk-Setting auf der Bühne.

Filmchef Ivo Kummer im Gespräch mit Jane Mumford.
Bild: Andrea Zahler/CH Media

Dann wurde er ernster und rief Filmschaffende dazu auf, mutiger zu sein: «Es stimmt mich traurig, dass viele sehr konservativ aufgestellt sind.» Er wünschte, dass sie über das hinausgehen, was man «vermeintlich» leichter finanziert erhalten würde: Innovation und das Ausloten von neuen filmischen Möglichkeiten, dafür sei die Filmförderung auch gedacht.

Für Kummer ist es das letzte Fantoche als Filmchef, bevor er im Dezember in Pension geht. Was er hier denn künftig am meisten vermissen werde, fragte ihn Mumford. Die Antwort kam rasch: «Ganz klar die herausragenden und ausserordentlichen Eröffnungsabende.»