«Preiskampf im Möbelsektor hat gestern begonnen – in Spreitenbach»: Das schrieb das Badener Tagblatt zur Eröffnung vor 50 Jahren
Vor 50 Jahren startete die Ikea im Badener Tagblatt (BT) eine Werbeoffensive und machte in mehreren Inseraten witzig-charmant auf die bevorstehende Eröffnung am ersten Standort im ehemaligen Zürich-Tor in Spreitenbach aufmerksam.
Sechs Anzeigen wurden in den Wochen zuvor geschaltet, bezeichnet als Schandbriefe, die vor allem inhaltlich erstaunlich modern daherkamen. Mit Titeln wie «Chäibe neumödig» oder «Schwede gönd hei!» nahm der Möbelhersteller Ängste von Herrn und Frau Schweizer aufs Korn, die seiner Meinung nach der Einzug der Ikea in die Schweiz auslösen musste.
Einen Tag vor der Eröffnung wurde es dann aber ernster: «Ab morgen 11 Uhr sind für immer die Schweden da», heisst es in einem ganzseitigen Inserat. Und die Verantwortlichen sollten recht behalten. Zwar gab es damals und gibt es bis heute im Dorf mehrere Möbelhändler, so ist der schwedische Möbelriese der Einzige, der sich damit rühmen kann, auch nach 50 Jahren noch präsent zu sein.
So warb die Ikea im Badener Tagblatt für die Eröffnung:
Auf 4900 Quadratmetern Ausstellungs- und Verkaufsfläche wurden zur Eröffnung 3000 Artikel präsentiert, «was heute einen Wert von sieben Millionen Franken repräsentiert», heisst es in einem Bericht, der einen Tag nach der Eröffnung im BT erschien. Darin wurde ein «scharf geführter Preiskampf» angekündigt, «weil die Schweden mit Leistungen aufwarten, die die Konkurrenz zum Handeln zwingt». Die Ikea werde «zu einer gehörigen Sensation».
Ein Schwede leitete zu Beginn die Spreitenbacher Filiale, «doch hat er sonst fast durchwegs Schweizer um sich geschart, die ihn unterstützen». Auch ein Hinweis auf die Chefetage durfte im Artikel nicht fehlen. Das Unternehmen agiere bis hinauf zu Gründer Ingvar Kamprad recht «b e s c h e i d e n»: Niemand fahre zum Beispiel einen grossen Wagen.
Redaktor sah die Zukunft voraus
Das BT hatte am Eröffnungstag Spreitenbachs damaligen Gemeindeammann Robert Locher begleitet, «der staunend durch die Schau ging und uns hin und wieder auf einen Artikel aufmerksam machte, der ihm besonders gefiel – auch im Design und in der Farbgebung». Zu finden gab es vom kleinsten Klappstuhl für 16 Franken und 50 Rappen bis hin zum Hochschrank für 158 Franken noch «einige weitere Überraschungen».
Im Artikel durfte natürlich auch ein Hinweis zum Kinderparadies mit Rutschbahn und Bällebad nicht fehlen. Und ein genauer Beschrieb dessen, wie es in der Ikea funktioniert, mit der Vorwahl der Möbel in der Ausstellung und danach der Auswahl im Lager, um sie von da gleich mit nach Hause zu nehmen.
Das System sei nicht neu, heisst es im Bericht weiter: «Aber es wird in Perfektion betrieben und vor allem in Form der günstigen Preise auch honoriert.» Die Ikea habe die Konkurrenz dazu gebracht, diese so anzusetzen, dass sie «dem Konsumenten dienen und ihm ehrlicher erscheinen».
Und der BT-Redaktor nahm korrekterweise an, dass, wenn in der Schweiz das Gleiche wie in Schweden passiere, im Möbelsektor mit einem Preiskampf zu rechnen sei, der über Jahre anhalten könne: «Er hat gestern begonnen. In Spreitenbach.»