Diese 76-jährige Wohlerin will für die EVP in den Nationalrat: «Wird wohl das letzte Mal sein, dass ich Plakate klebe»
Bertha Hübscher weiss genau, weshalb die Wahl für ein Porträt in der AZ ausgerechnet auf sie fiel: «Weil ich eine der ältesten Kandidatinnen bin», stellt sie beim Treffen mit der AZ lachend fest. Tatsächlich sind sie und Urs Haeny aus Oberwil-Lieli mit Jahrgang 1947 die ältesten Kandidierenden aus dem Freiamt. Der ehemalige Grossrat Haeny tritt für die Liste 60+ der FDP an.
Bertha Hübscher kandidiert auf der Unterliste Engagiert EVP+ gemeinsam mit 13 weiteren Kandidatinnen und Kandidaten aus dem Aargau. Die ehemalige Wohler Einwohnerrätin hat ein klares Ziel vor Augen: «Ich will unsere Nationalrätin Lilian Studer unterstützen, damit sie die Wiederwahl schafft.» Seit 2019 sitzt die 46-Jährige aus Wettingen für die EVP im Nationalrat. Bertha Hübscher ergänzt: «Mir liegt es am Herzen, dass Lilian Studer weiter im Nationalrat weiterarbeiten kann und die EVP-Werte vertritt.»
Einwohnerrätin und reformierte Kirchenpflegepräsidentin
Politisch interessiert ist Bertha Hübscher seit ihrer Jugendzeit. Ihre Oberstufenlehrerin habe sie für Politik begeistert, erzählt sie und fügt an: «Sie hat jeweils am Samstagmorgen im Unterricht mit uns über politische Themen gesprochen.» Bevor Bertha Hübscher selber aktiv wurde und in den Wohler Einwohnerrat einzog, vergingen aber etliche Jahre. Die heute 76-Jährige absolvierte eine Ausbildung zur Pflegefachfrau, heiratete und wurde Mutter zweier Töchter.
Ab 1984 zeichnete sie gemeinsam mit Ehemann Edi für ihre Firma HBT-ISOL verantwortlich. Diese stellt Konzepte und Technologien im Bereich Ruheschutz her. Das Ehepaar führte die Firma während Jahrzehnten mit einem entsprechend grossen Engagement. Neben der Familie hatte ein politisches Amt keinen Platz. Erst 2001 wagte sie den Schritt in die Kommunalpolitik.
Auf Anhieb wurde sie damals in den Einwohnerrat gewählt und gehörte dem Rat bis 2009 an. Bertha Hübscher war keine Unbekannte für viele Wohlerinnen und Wohler. Ab 1999 engagierte sie sich in der Reformierten Kirchenpflege Wohlen-Villmergen. Während 20 Jahren war sie aktiv im Amt, die letzten 12 Jahre als Präsidentin. Ihr Amtsvorgänger, Ueli Zweifel, sei es gewesen, der ihr die EVP-Mitgliedschaft schmackhaft gemacht habe, erzählt sie. Wann sie der Partei beitrat, weiss sie nicht mehr genau, das sei irgendwann in den 90er-Jahren gewesen.
Weil ihr die reformierte Kirche am Herzen liegt, stellte sie sich an der letzten Kirchgemeindeversammlung wiederum zur Wahl in den Vorstand zur Verfügung. Sie sagt: «Es fehlte eine Person im Vorstand. Wenn ich mich nicht zur Wahl gestellt hätte, hätten wir einen Kurator für das vakante Amt finanzieren müssen.» Und so kommt es, dass sie nach ihrem Abschied doch wieder Verantwortung für die Kirche übernimmt und sich der Anliegen der Seniorinnen und Senioren annimmt.
Sie wollte mitdenken und mitbewegen im Einwohnerrat
An der Arbeit im Wohler Einwohnerrat schätzte sie, dass sie mitdenken und etwas bewegen konnte. Als Vertreterin einer Kleinpartei sei es nicht einfach gewesen, Einfluss zu nehmen, blickt sie zurück. Dafür habe sie sich aber auch nicht sklavisch an die Parteilinie gehalten und sich situativ auch anderen Meinungen anschliessen können. Unter dem Strich sei die Arbeit in diesem Gremium erfüllend und lehrreich gewesen, lautet ihr Fazit.
Die Grundwerte der EVP für ein respektvolles Miteinander, für starke Familien und für eine intakte Umwelt vertritt Bertha Hübscher nach wie vor. Die Gleichstellung der Frauen und die Anliegen von sozial Benachteiligten liegen ihr dabei besonders am Herzen.
Hier sieht sie auch im Jahr 2023 noch Handlungsbedarf. Würde sie in den Nationalrat gewählt, dann werde sie sich ganz bestimmt für die Anliegen von Familien und alleinerziehenden Müttern, aber auch von Seniorinnen und Senioren einsetzen, versichert sie.
«Wir beten nicht dauernd»
Aber eigentlich wünscht sie sich, dass es der Partei gelingt, junge Leute zum Mitmachen zu animieren. Das Vorurteil, dass die Partei frömmlerisch sei, halte sich hartnäckig in den Köpfen, bedauert sie. Es halte auch jüngere Menschen vom Mitmachen ab. Sie fügt an: «Wir vertreten zwar die christlichen Grundwerte, das heisst aber nicht, dass wir dauernd beten.»
Doch bevor sie sich um jüngere Mitglieder kümmern kann, heisst es für die Wohlerin, im Wahlkampf aktiv mitzumachen, Plakate aufzustellen und Flyer zu verteilen. Damit sie die ganze Arbeit nicht alleine machen muss, hat sie sich ein Team zusammengestellt, das sie unterstützen wird. Augenzwinkernd kommentiert sie: «Das wird wohl das letzte Mal sein, dass ich Plakate klebe.»