Waren im Wert von Hunderttausenden Franken: Zürcher See-Spital Kilchberg schliesst und schickt gesamte Einrichtung an die Ukraine
Medizinische Geräte hat Adrian Müller schon mehrmals an die Ukraine gespendet, seit Russland dort vor knapp anderthalb Jahren den Krieg begonnen hat. Dass ein Spital seine gesamte Einrichtung spendet, davon habe er bis jetzt noch nie etwas gehört. Nach der Schliessung macht das See-Spital Kilchberg mit Müllers Hilfe aber genau das. Der Arzt ist Vereinspräsident der dafür gegründeten Hilfsorganisation Swiss UAid.
Von Spitalbetten und speziellen Kühl- und Wärmeschränken bis hin zu Blutdruckmessgeräten – Waren im Wert von mehreren Hunderttausend Franken werden in den kommenden Wochen in die Ukraine gebracht. Am Dienstag wurden die ersten Güter in einen Lastwagen geladen. Keine leichte Aufgabe, gerade um die schweren Betten anzuheben müssen zwei bis drei Helfer gleichzeitig kräftig lupfen. Weitere vier Lastwagen sollen bald folgen.
Im Spital sind viele Räume bereits leergeräumt. In anderen stehen Betten ohne Matratzen kreuz und quer. «Die Schälchen müssen wir noch einpacken», sagt Müller, als er an einem Tisch vorbeiläuft. Es gibt noch viel zu tun. Gerade bei den grossen Geräten, wie OP-Lampen und Grosssterilisatoren – das sind rund drei Meter hohe Maschinen – sei es schwierig, Personen zu finden, die sie abmontieren können. «Wir suchen fleissig weiter», sagt Müller. Schliesslich könne ausreichend OP-Ausrüstung die Kapazität eines Spitales deutlich vergrössern – und das sei dringend nötig.
Seit die Ukraine im Juni ihre Gegenoffensive gestartet hat, ist die Zahl der Toten und Verletzten in den eigenen Reihen deutlich gestiegen. Es sei deshalb wichtig, nicht nur die Erstversorgung zu sichern. Auch die grösseren Krankenhäuser sind wegen der anhaltenden Angriffe durch die Russen immer mehr ausgelastet. Zum Vergleich: In der Schweiz würde ein Bombeneinschlag in ein grösseres Wohnhaus schon reichen, damit ein Spital überlastet ist. «Ab fünf schwer verletzten Personen gehen wir in Schweizer Spitälern zum Katastrophenplan über», sagt Adrian Müller, der heute in der Arztpraxis am Bahnhof in Horgen ZH arbeitet.
Die Spende hat aber einen Haken: Grosse und wertvolle Geräte sind kompliziert und können daher nicht überall eingesetzt werden, hält Müller fest. «Die Ärzte müssen die Maschinen schon kennen.» Das sei in der Ukraine zum Glück kein Problem. «Das einzige, was ihnen fehlt, ist die Ausrüstung», ergänzt er. Wichtig seien dabei neben den riesigen Maschinen auch kleinere Geräte, wie Wärmeschränke, in denen warme Tücher für Operationen gelagert werden. «An die denkt man vielleicht nicht als erstes, aber Personen mit Schussverletzungen verlieren während einer Operation enorm viel Wärme. Ohne die Wärmetücher können die Patienten auf dem OP-Tisch sterben», so Müller.
Das Spital wird in drei Jahren abgerissen
Das See-Spital ist ihm aber alles andere als fremd: «Ich habe hier gearbeitet und auch mein Sohn war hier Unterassistent», sagt er. Geschlossen wurde der Standort, weil sich das See-Spital künftig ganz auf sein Akutspital in Horgen konzentrieren will. Dort wurde vor einem Jahr ein grosser Neubau eröffnet. «Heutzutage kann ein Spital mit weniger als 100 Betten kaum mehr Schwarze Zahlen schreiben», erklärt Müller.
Einzig die Reha, die Langzeitpflege und das ambulante Angebot werden am Standort Kilchberg noch bis Ende 2025 bleiben. Im Jahr 2026 werden die Spital-Gebäude abgerissen, um Platz für ein Psychiatriezentrum zu schaffen. Das soll 2029 bezogen werden können.
«Eine Spitalschliessung gibt es nicht alle Tage», sagt Müller. Trotzdem seien weitere grosse Spenden in die Ukraine das Ziel. Aktuell sei er bereits mit zwei bis drei anderen Krankenhäusern im Gespräch. Welche, das will der Arzt noch nicht verraten. Bis dahin ist Müller aber noch mit dem Beschriften, einpacken und organisieren dieser Spendenaktion beschäftigt.
Den grössten Teil der Bürokratie übernimmt dabei aber die ukrainische Hilfsorganisation Bo Fond Mizhvukhamy. Mit der ist Müller dank seinem langjährigen Freund und CH-Media-Kriegsreporter Kurt Pelda in Kontakt getreten. Anfang Oktober reist Pelda wieder zurück an die Front, wo er auch die neuen Standorte der Geräte besuchen wird. Geht alles nach Plan, könnten die gespendeten Betten und Blutdruckmessgeräte schon in wenigen Wochen in der Ukraine eingesetzt werden.
So können Sie spenden
Noch sind die Kosten der Demontage und der fachgerechten Verpackung der medizinischen Geräte im See-Spital Kilchberg nicht gedeckt. Für die Hilfsaktion hat unser Reporter ein Spendenkonto eingerichtet:
Kurt Pelda
8050 Zürich
IBAN CH48 0900 0000 1590 9412 3
Weiterhin gesucht werden medizinische Geräte und Fahrzeuge (Transporter, Geländeautos, Pick-ups, aber auch Personenwagen) als Sachspenden. Autos gerne auch ohne MFK.
Kontakt: kurt.pelda@chmedia.ch