Eklat wegen fehlender Distanz zum Terror: Die Präsidentin der Interreligiösen Arbeitsgemeinschaft in der Schweiz schweigt weiter
Der Nahostkonflikt führt zu einem Eklat im Verein der Interreligiösen Arbeitsgemeinschaft in der Schweiz (IRAS COTIS). Der Verein ist die einzige Plattform, die allen Religionsgemeinschaften im Land einen gemeinsamen Dialog ermöglicht. Rund 80 Organisationen beteiligen sich daran, Menschen zusammenzubringen und Vorurteile abzubauen.
Ob das in diesem Rahmen weiterhin geschieht, ist unklar: Die beiden Vertreter der jüdischen Gemeinschaft haben ihren Rücktritt aus dem Vorstand erklärt, wie die «NZZ am Sonntag» berichtet.
Der Hintergrund: Die amtierende Präsidentin Rifa’at Lenzin ist Mitglied der Gesellschaft Schweiz-Palästina. Die Gesellschaft hat sich seit dem Massaker an 1400 Israeli nie vom Terror der Hamas distanziert. Im Gegenteil: Gerade in den letzten drei Wochen fiel sie mit antiisraelischer Hetze auf. Zuletzt hat sie auf sozialen Medien die Situation der Palästinenser mit KZ-Häftlingen in Auschwitz während des Zweiten Weltkriegs verglichen.
Mitgliedschaft muss Konsequenzen haben
Für eine Stellungnahme war die Präsidentin nicht erreichbar. Der «NZZ am Sonntag» erklärte Rifa’at Lenzin: «Aus persönlichen und familiären Gründen setze ich mich schon seit vielen Jahren für die legitimen Rechte der Palästinenserinnen ein.» Die Mitgliedschaft sei daher «folgerichtig».
Jonathan Kreutner, Generalsekretär des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebunds SIG, trat nach dieser Erklärung aus dem Vorstand der Interreligiösen Arbeitsgemeinschaft zurück. Er wertet die Position der Präsidentin als «Vertrauensbruch». Gegenüber CH Media sagt er, im Vorstand habe er Lenzin bis jetzt als Vermittlerin erlebt. Doch die fehlende Distanzierung von den hoch problematischen Aussagen der Gesellschaft Schweiz-Palästina sei für ihn inakzeptabel. «Das muss Konsequenzen haben.»
Doch diese bleiben weiter aus. In einer Stellungnahme am Sonntagabend erklärt der Vorstand: Der Verein sei entsetzt von den «Ereignissen in Israel-Palästina», diese belasteten die interreligiöse Arbeit. «Gerade in solchen Situationen brauche es Plattformen, die Raum für einen ehrlich und respektvoll geführten Dialog bieten.» Allerdings finde der Dialog nicht in einem Tag statt, sondern erfordere intensive Beziehungsarbeit.
Jonathan Kreutner vom SIG sieht eigentlich nur zwei Optionen: Entweder trete Lenzin aus der Gesellschaft Schweiz-Palästina aus oder sie trete als Präsidentin der Interreligiösen Arbeitsgemeinschaft zurück. «Für eine weitere Zusammenarbeit ist auf jeden Fall eine klare Distanzierung von der Gesellschaft Schweiz-Palästina und ihren unsäglichen Aussagen zwingend», sagt er. «Das muss einfach passieren, auch wenn es noch einige Tage dauert.» Kreutner geht auf die Position des Vereins ein: «Es handelt sich um eine Dialog-Plattform. Auch wir sind bereit, im Dialog eine Lösung zu suchen.»
Der Vorstand braucht mehr Zeit
Pfarrer Christoph Knoch, Vizepräsident der Interreligiösen Arbeitsgemeinschaft, betont: «Wir haben einen gesunden Diskussionsstil und reden gemeinsam über diese Fragen. Wir haben aber noch nicht fertig diskutiert.» Innerhalb von zwei Tagen lassen sich so unterschiedliche Positionen nicht klären, diese Woche folgt ein Gespräch.
Knoch macht aber deutlich: «Niemand stellt in unserem Verein das Existenzrecht Israels in Frage, auch die Vertreter der muslimischen Organisationen nicht.» Und: «Wir alle verurteilen den Terror der Hamas.»