Kanton und Stadt sind mit Bahnhofstrassen-Test zufrieden – wie es nun weiter geht
Die Stadt Aarau und die Abteilung Tiefbau des Kantons Aargau ziehen gemäss einer Medienmitteilung «ein positives Zwischenfazit» zum neuen Verkehrsregime mit Tempo 30 auf der Bahnhofstrasse. Dies gestützt auf erste Messresultate. «Die Verkehrsteilnehmenden verhalten sich grössernteils rücksichtsvoll und leben die Koexistenz in diesem intensiv genutzten Strassenraum nach dem Motto ‹Mitenand statt Gägenand›», heisst es in der Medienmitteilung.
Querung Bahnhofstrasse: Fussgängerinnen und Fussgänger profitieren
Fussgängerinnen und Fussgänger «profitieren klar», so das Departement Bau, Verkehr und Umwelt. «Das flächige Queren ohne Wartezeiten entlang der Bahnhofstrasse findet bei den Fussgängerinnen und Fussgängern breiten Anklang und wird rege genutzt. Häufig entstehen beim Queren der Fahrbahn keine Wartezeiten mehr, da die Fussgängerinnen und Fussgänger in Längsrichtung weitergehen können, bis eine Lücke entsteht. Durchschnittlich hat sich die Wartezeit von 20 Sekunden auf 2 Sekunden reduziert.»
Der ehemalige, stark frequentierte Fussgängerstreifen beim McDonalds führte vor dem Testlauf häufig zu Rückstau, weil Autos den Fussgängern zwangsläufig Vortritt gewähren mussten. «Mit dem Testlauf und den geänderten Vortrittsverhältnissen hat sich der Verkehrsfluss deutlich verbessert, obwohl immer noch gleich viele Fussgängerquerungen registriert werden und sich die Wartezeiten kaum verlängerten», so der Kanton.
Geringfügige Verbesserung für Velofahrerinnen und Velofahrer
Für den Veloverkehr hat sich die Situation nur geringfügig geändert. «In der Kasinostrasse konnte durch die zusätzliche Velospur ein besseres Angebot geschaffen werden, welches geschätzt und auch rege genutzt wird», so das BVU. «Es wurden vereinzelt kritische Situationen zwischen Velofahrenden auf dem Velosteifen und querenden Zufussgehenden beobachtet, insbesondere bei Stausituationen auf der Bahnhofstrasse, in denen die Sicht aufgrund stehender Fahrzeuge eingeschränkt war.»
Auch im Bereich der Kasinostrasse sei es vereinzelt zu kritischen Situationen aufgrund von verbotenerweise linksabbiegenden Fahrzeugen gekommen, die den Velofahrern den Weg abgeschnitten haben.
Gut für Bus-Passagiere – deutlich kürzere Fahrzeit
Der öffentliche Verkehr (öV) profitiere von deutlich kürzeren Reisezeiten und einer erhöhten Fahrplanstabilität, heisst es weiter. Von der Haltestelle Holzmarkt bis zum Bahnhof reduzierte sich die Fahrzeit um durchschnittlich 32 Sekunden (16 Prozent). In der Gegenrichtung wurde die Fahrzeit um 6 Sekunden reduziert (3 Prozent).
Ohne Lichtsignale läufts auf der Bahnhofstrasse für die Autos
Die Auswertung zeige auch eine deutliche Verbesserung des Verkehrsflusses für den motorisierten Individualverkehr auf der Bahnhofstrasse, so die Mitteilung. «Diese wird hauptsächlich auf den Wegfall der Lichtsignalanlage und das Entfernen des Fussgängerstreifens beim Kreisel Aargauerplatz zurückgeführt.» In der Spitzenstunde zwischen 17 Uhr und 18 Uhr reduzierte sich die Fahrzeit für Autofahrende vom Aargauerplatz bis zur Poststrasse um durchschnittlich 33 Sekunden (21 Prozent). Von der Poststrasse bis zum Aargauerplatz konnte die Fahrzeit um 16 Sekunden (12 Prozent) reduziert werden.
Casinoparking: Neues Ausfahrtsregime funktioniert meistens
Ein Problem ist weiterhin die Ausfahrt aus dem Casinoparking. «Die Auswertungen zeigen, dass das neue Verkehrsregime bis zu einem bestimmten Verkehrs- und Fussgängeraufkommen auch für die Kasinostrasse funktioniert.» Mit Beginn der kühlen Jahreszeit habe die Verkehrsmenge beim motorisierten Verkehr deutlich zugenommen «und das System läuft – wie bereits in den Vorjahren – während dieser Jahreszeit an der Kapazitätsgrenze».
In den Monaten Oktober und November kam es während den Hauptverkehrszeiten, werktags von 16 Uhr bis 18 Uhr und samstags zwischen 13 Uhr und 17 Uhr, zu mehr Stausituationen und Wartezeiten für die Ausfahrt des Parkhauses Kasino. «Die Ausfahrtskapazität aus der Kasinostrasse in die Bahnhofstrasse hat sich durch das neue Verkehrsregime während diesen Hauptverkehrszeiten reduziert», so die Mitteilung.
Ein Vergleich der Spitzenstunden an Werktagen zeigt, dass pro Stunde 20 Fahrzeuge (14 Prozent) weniger aus dem Parkhaus ausfahren können (147 Fahrzeuge statt 167 Fahrzeuge). «Gleichzeitig reduzierte sich aber auch der Durchgangsverkehr durch die Kasinostrasse um 44 Fahrzeuge pro Stunde (34 Prozent)». Der Abfluss aus der Kasinostrasse in die Bahnhofstrasse reduzierte sich ebenfalls um 34 Prozent.
Leistungsfähigkeit Kasinostrasse: Wartezeit bis 14 Sekunden
Die Leistungsfähigkeit der Kasinostrasse beeinflussen insbesondere folgende Faktoren: Der Durchgangsverkehr durch die Kasinostrasse, der Fussgängerstreifen und die Linksabbieger aus der Kasinostrasse. 40 Prozent aller Fahrzeuge warten am Fussgängerstreifen, wobei die durchschnittliche Wartezeit zwischen 6 und 14 Sekunden liegt. 60 Prozent können ohne Wartezeit passieren. Beim Einfahren in die Bahnhofstrasse warten ebenfalls 40 Prozent der Fahrzeuge. Die Wartezeit liegt dort zwischen 3 bis 8 Sekunden.
«Dies bedeutet, dass das Einfädeln in die Bahnhofstrasse gut funktioniert», so der Kanton. Verschlechtert werde die Situation durch Fahrzeuge, die verbotenerweise nach links abbiegen und so längere Wartezeiten generieren, bis sie beide Fahrbahnen überqueren können. «Die Missachtung des Linksabbiegeverbots wird überraschend häufig festgestellt: In Spitzenstunden wurden bis zu 30 Fahrzeuge gezählt, die trotz Verbot links abgebogen sind und dadurch direkt einen Rückstau auf der Kasinostrasse ausgelöst haben.»
Optimierung der Situation beim Parkhaus
Um die Situation für das Parkhaus zu verbessern, wurden laut Mitteilung bereits verschiedene Anpassungen vorgenommen. «So wurde beispielsweise die Dosierung zugunsten der Parkhaus-Ausfahrt gegenüber der Kasinostrasse weiter angepasst. Zudem wurden die Zufahrt vom Graben in die Laurenzenvorstadt und die Ausfahrt des Kasernen-Parkings mit einem Wegweiser versehen, welcher den Transit-Verkehr über die Post- und Feerstrasse umleitet.»
Damit soll der Durchgangsverkehr durch die Kasinostrasse, der in den Spitzenstunden rund 50 Prozent beträgt, weiter reduziert werden. «Trotz Priorisierung ist insbesondere während den Spitzenzeiten aber zu beobachten, dass das Rotlicht der Dosierungsanlage von den Autofahrenden missachtet wird, womit die Priorisierung der Parkhausausfahrt nicht mehr genügend funktioniert.» Beim Einmünder in die Bahnhofstrasse werden nun ergänzende Markierungen angebracht, welche die Verständlichkeit erhöhen und das Linksabbiegen aus der Kasinostrasse unterbinden sollen.
Weiter werde eine Optimierung der Lichtsignalanlagen auf den zuführenden Strassen der Kasinostrasse geprüft, so das BVU. «Bis auf weiteres ist ein Verkehrsdienst vor Ort, um die Fussgängerströme über den Fussgängerstreifen zu bündeln sowie um den Verkehr auf der Bahnhofstrasse zurückzuhalten, damit der Verkehr aus dem Parkhaus abfliessen kann.»
So geht es weiter
Die sechs Monate der Testphase 1 dauern noch bis Ende Februar 2024. Danach erfolgt die Umstellung auf Testphase 2, welche wiederum sechs Monate dauern wird. «In der Testphase 2 wird mit Aufhebung der Velostreifen und der Verbreiterung des Mehrzweckstreifens auf der Bahnhofsstrasse probeweise die vollständige Koexistenz umgesetzt», so die Mitteilung. «Stadt und Kanton beobachten und messen die Verkehrsabläufe weiterhin intensiv.»
Der Fokus liege neben der Verkehrssicherheit in der dunklen Jahreszeit (Weihnachtsbeleuchtung, ausgeschaltete Strassenlampen) insbesondere auf weiteren Optimierungen der Parkhausausfahrt Kasino und der Kasinostrasse.« Die Projektleitung wird aufgrund dieser Erkenntnisse auch mit den Parkhausbetreibern das Gespräch suchen, um die unbefriedigende Situation bei der Parkhausausfahrt in den Spitzenstunden zu verbessern.»