«Die Kinder müssen extrem darunter leiden»: 28-Jähriger muss fürs Versenden von Kinderpornografie ins Gefängnis
Dass er sich pornografische Inhalte mit Minderjährigen angeschaut hat, bestritt Adrian (Name geändert) nicht, dass er diese weiterverbreitete, jedoch schon. Der Beschuldigte wurde von der Staatsanwaltschaft Zofingen-Kulm angeklagt, im Zeitraum von Juli 2019 bis Januar 2021 im Besitz von 334 Dateien mit kinderpornografischen Inhalten gewesen zu sein und sechs solche Videos auf dem Messenger «Kik» versendet zu haben.
Adrian, ein 28-jähriger Freiämter, verteidigte sich an der Verhandlung, die kürzlich vor dem Bezirksgericht Bremgarten stattfand: «Im Chat wurden Bilder und Videos ausgetauscht. Diese hat es automatisch aufs Handy geladen. Ich habe diese nie weiterverschickt.»
Die Videos habe er sich dennoch angeschaut. «Es war etwas Neues und Interessantes», sagte Adrian. Mittlerweile würden ihn kinderpornografische Inhalte nicht mehr reizen. Der psychologische Gutachter des Beschuldigten kam bei der Fallbeurteilung jedoch nicht zum Schluss, dass es sich lediglich um einen «Reiz» handelte. Er erkannte bei Adrian eine pädophile Störung.
Dazu kommt mehrfacher Konsum von Marihuana
In der Anklageschrift forderte die Staatsanwaltschaft eine unbedingte Freiheitsstrafe von zehn Monaten und eine Busse von 500 Franken. Ausserdem verlangte sie eine vollzugsbegleitete ambulante Massnahme und ein Tätigkeitsverbot mit Kindern.
Gerichtspräsidentin Corinne Moser wollte wissen, ob Adrian davon ausgehe, dass eine Therapie wirkungsvoll wäre. «Ich weiss nicht, ob das nötig ist in dieser Hinsicht», antwortete Adrian. Eine Behandlung würde ihm jedoch in seiner generellen Lebenssituation helfen.
Diese sieht nämlich nicht rosig aus. Der Freiämter hat keine abgeschlossene Ausbildung und ist arbeitslos. Sein Tagesablauf ist nicht geregelt, oft hängt er einfach nur rum. Mit seinen 28 Jahren wohnt er noch bei seiner Mutter, die ihn vollständig finanziert. Sozialhilfe bezieht er keine. Ausser seiner Mutter hat er keine engeren Bezugspersonen. Moser sprach ihn zudem auf eine Alkoholabhängigkeit an. Adrian bestätigte: «Ich trinke viel, vielleicht um mich abzulenken.»
Alkohol ist aber nicht die einzige Droge, die der Freiämter konsumierte. In der Anklageschrift ist ein mehrfacher Konsum von Betäubungsmitteln erwähnt. Gemeint ist damit Marihuana, von welchem bei der Hausdurchsuchung vor knapp drei Jahren durch die Kantonspolizei 0,47 Gramm vorgefunden wurden. Der Beschuldigte gestand bei der Hausdurchsuchung, dass er die Droge mehrmals wöchentlich konsumiere.
Beweise sprechen gegen den Beschuldigten
Trotz alldem flackert in Adrian zurzeit ein Hoffnungsschimmer für eine bessere Zukunft. «Ich will einen Job bekommen und eine eigene Wohnung suchen. Der übermässige Alkoholkonsum wird sich dann automatisch einstellen», gab er sich überzeugt. Zum ersten Mal seit Jahren habe er Aussichten auf eine Arbeitsstelle bei einem Bekannten.
Nach einer kurzen Unterbrechung stand das Urteil fest. Der 28-Jährige erhält eine unbedingte Freiheitsstrafe von zehn Monaten und eine Busse von 100 Franken. Zudem wird ihm lebenslänglich verboten, mit Kindern zusammenzuarbeiten, und er muss sich der ambulanten Therapie unterziehen.
Richterin Moser begründete ihr Verdikt. Die Beweismittel würden klar gegen Adrian sprechen. Es konnte festgestellt werden, dass die pornografischen Videos von der IP-Adresse des Freiämters aus versendet wurden.
Nicht das erste Mal wegen Kinderpornografie vor Gericht
Wesentlich sei ausserdem, dass er nicht das erste Mal wegen Kinderpornografie vor Gericht sei. Aus dem vorherigen Fall vor einigen Jahren habe er offensichtlich nicht viel gelernt. Moser betonte, welche verheerenden Auswirkungen der Konsum und die Weiterverbreitung dieser Art von Pornografie hätten: «Diese Kinder müssen extrem darunter leiden. Indem die Inhalte angeschaut und verschickt werden, wird Pornografie mit Minderjährigen gefördert.»
Durch die angeordnete Therapie soll Adrian die Möglichkeit bekommen, endgültig mit dem Thema abschliessen zu können. Sobald er fixe Aussichten auf eine Anstellung hätte, wäre unter Umständen eine Halbgefangenschaft möglich. Für den Freiämter gibt es also noch Aussichten, aus diesem «Sumpf» endlich herauszukommen. Corinne Moser gab ihm mit auf den Weg: «Das ist Ihre letzte Chance auf einen Wendepunkt in Ihrem Leben.»