Nicht alle Männer freuen sich aufs Vatersein
Es wächst in ihrem Bauch, und deshalb entwickeln Frauen schon vor der Geburt eine enge Bindung zu ihrem Kind. Eine norwegische Studie bestätigt diesen Vorgang nun auch für den werdenden Vater. Doch das hängt von der Beziehung zu seiner Partnerin ab.
Das Forscherteam um Hedvig Svendsrud von der Universität Oslo interviewte knapp 400 werdende Väter zunächst dazu, wie sie die Beziehung zu ihrer Partnerin einschätzen. Im dritten Trimester der Schwangerschaft wurden sie dann zur Bindung zu ihrem ungeborenen Kind befragt. «Wir haben diesen späten Zeitpunkt gewählt», erläutert Svendsrud, «weil wir aus früheren Studien wissen, dass die Bindungsgefühle mit der Dauer der Schwangerschaft immer stärker werden». Und deswegen könne man in dieser Phase am besten sehen, ob sich das Verhältnis zur Mutter auf die Bindung zum ungeborenen Kind auswirkt.
Das Ergebnis: Immerhin 95 Prozent der werdenden Väter gaben an, positive Gefühle zu ihrem Kind zu haben. Bei der Frage «Beschreiben Sie die Persönlichkeit des Säuglings mit einem Wort» waren es etwas weniger, nämlich 75 Prozent, die positive Gedanken über die Persönlichkeit des Säuglings hegten.
Knapp 25 Prozent äussersten sich hingegen negativ, oder sie hatten keine Vorstellung von der Persönlichkeit des Säuglings. Was als Resümee zulässt: Das Gros der Väter freut sich auf ihr künftiges Kind. Aber einige eben auch nicht. Und das sind, so ein weiteres Ergebnis der Studie, in erster Linie diejenigen, die sich immer wieder von ihrer Partnerin abgrenzen und sich nicht wirklich mit ihr verbunden fühlen, die also einen unsicheren Beziehungsstil pflegen.
Beziehungsfähigkeit ist dann allgemein schlecht
Das unterscheidet werdende Väter deutlich von den werdenden Müttern, die sich, wie Svendsrud betont, auch dann mit dem ungeborenen Kind emotional verbunden sind, wenn sie sich nicht sicher an ihren Partner gebunden fühlen.
Die norwegische Psychologin vermutet, dass Männer stärker dazu tendieren, ihren vermeidenden Bindungsstil auf das noch nicht geborene Kind zu übertragen. Ihnen ginge es generell um die eigene Autonomie und Unabhängigkeit, egal, von wem sie sich dazu abgrenzen müssen.
Für die betroffenen Kinder ist dies jedoch ein Problem. So betont Hedvig Svendsrud: «Die Vater-Kind-Beziehung beginnt schon während der Schwangerschaft.» So zeigen Studien, dass das vegetative Nervensystem des Kindes anders reagiert, wenn der Vater während der Schwangerschaft gestresst war. Und dies selbst dann, wenn die Mutter nicht unter Stress stand.
Ausserdem wird ein Vater, der vor der Geburt keine Beziehung zu seinem Kind aufbauen konnte, es mit hoher Wahrscheinlichkeit auch danach nicht schaffen. «Was er über das ungeborene Kind denkt», warnt Svendsrud, «kann sich dauerhaft die spätere Betreuung und Entwicklung des Kindes niederschlagen».