Weihnachtsmenü am Beizentisch: Der Oftringer Deny Lanz schreibt über die Übriggebliebenen und Untendurchgeher
Die Kneipen sind die Heimat der Heimatlosen. Hier trifft sich, wer sich nach einem Schluck Bier, etwas Rauch und vor allem nach guten Geschichten sehnt. Für den Oftringer Autor Deny Lanz sind sie Orte der Inspiration. Gemeint sind nicht die hippen Bars, wo es Gin Tonic für 18 Franken gibt, sondern jene Spelunken, wo der Wurst-Käse Salat nur 5,50 Franken kostet.
Diesen Kneipen und ihren Stammgästen hat Lanz sein neues, zweites Buch gewidmet. «Schöner blauer Nachmittag» versammelt auf schmalen 115 Seiten Stadtteilgeschichten aus Žižkov («das San Francisco von Prag») und Bethlehem («Die Bronx von Bern»). Erschienen ist der Band bei einem deutschen Verlag für «komische Literatur». Das passt, denn der Autor hat einen liebevollen Blick für die Übriggebliebenen und Untendurchgeher.
Grosses Vorbild für charmante Rumtreiber
Seine Hauptfiguren sind der gescheiterte Staubsaugervertreter Franz Mack, dreimal geschieden und Alkoholiker in Žižkov und der ebenso gescheiterte Bankräuber Paradiso in Bethlehem. Sie erzählen in kurzen Episoden aus ihrem Alltag, der in hellhörigen Wohnungen, auf der «Gass» und eben – in den Kneipen spielt. Darin haben Frauen wenig zu sagen, aber gerne gut auszusehen. Grosse Entscheidungen fällen die Männer auch eher selten, sie lassen das Leben geschehen und schauen, was sie dabei für sich rausschlagen können.
Es wäre ein leichtes, diese beiden Rumtreiber unsympathisch zu schreiben. Deny Lanz zeichnet sie aber mit einer ehrlichen Wärme, wie sie nur am Stammtisch zu finden ist. Es überrascht nicht, dass der Autor grosser Fan von Charles Bukowski ist, ein Vorbild, das vielleicht etwas zu gross ist für die anekdotischen Erzählungen aus Bern und Prag. Dennoch gelingt ihm mit seinen trocken-humorvollen Texten eine charmante Milieustudie.
Gerechtigkeit am Stammtisch
Ruppig und dreckig passt diese überraschend gut in die Adventszeit, auf den 115 Seiten finden sich gleich mehrere Weihnachtsgeschichten. In Žižkov wird der Tradition zuliebe der Karpfen für das Festessen selbst gefischt. In Bern isst man Bratwurst auf dem Weihnachtsmarkt und trinkt den Punsch mit Schuss.
Woher kommt diese Faszination für das Trinken und die Beiz? Franz Mack formuliert es so: Am Beizentisch «wird philosophiert und politisiert. Hier werden Verträge und Freundschaften geschlossen (…) Alle sind gleichwertig und niemand ist gefeit vor einem Alkoholabsturz.»
Wer nach der Lektüre das Bedürfnis nach Ausnüchterung hat, denkt vielleicht über einen trockenen Januar nach.