Das Ende der Neutralität: WEF steht nicht mehr für «Welt», sondern für «Westen»
Die internationalen Medien blicken nach Davos, wenn sich hier die Mächtigen treffen. Das Weltwirtschaftsforum WEF mauserte sich in den letzten 50 Jahren zu einer neutralen Plattform für die globalen Entscheidungsträger. Die Neutralität war ein Kennzeichen des WEF. Auch Autokraten wie die obersten Staatenlenker Russlands, Chinas und der Türkei bekamen die grosse Bühne: Putin, Xi und Erdogan.
Das hat sich geändert. Russland wird boykottiert. Aus China reist nicht mehr der Präsident an, sondern nur noch der No-Name-Premier. Das «W» in WEF steht für «Welt», aber faktisch bedeutet es jetzt «Westen». Das Weltwirtschaftsforum hat seine Neutralität aufgegeben. In den beiden Kriegen, die für die ganze Welt bedeutend sind, stellt es sich auf die Seite des Westens. Es erweist dem Präsidenten der Ukraine, Selenski, und jenem Israels, Herzog, die Ehre. Niemand wird ihnen widersprechen. Weitere grosse Auftritte gehören der EU-Kommissionspräsidentin, dem US-Aussenminister und Frankreichs Präsident.
«Davos» galt als Synonym für Globalisierung. Doch die gibt es nicht mehr. Die Welt entkoppelt sich: Apple verlagert die Produktion von China in die USA, und der Systemwettbewerb zwischen den westlichen Demokratien und dem Autoritarismus ist in vollem Gang. Spätestens jetzt müssten Verschwörungstheoretiker erkennen: Das WEF ist selbst keine Weltmacht. Sondern bloss ein Spiegel globaler Trends.