Brisanter Bericht: In der Schweizer Armeekasse klafft plötzlich ein Milliardenloch
Es war eine seltsame Nachricht, die vergangenen Freitag in die Schweizer Redaktionsstuben trudelte: Die Schweizer Armee sage alle Publikumsanlässe aus finanziellen Gründen ab. Betroffen sind unter anderem Flugshows wie jene auf der Axalp. Noch seltsamer: Auf Anfrage konnte das zuständige Verteidigungsdepartement (VBS) keinerlei Angaben dazu machen, wie gross die Ersparnis dieser Massnahme sei. Nicht einmal eine Schätzung. Langsam scheint klar: Hauptsache, es wird überhaupt etwas gespart.
Wie SRF gestützt auf ein Dokument des Armeestabs berichtete, hat sich die Armee grob verschätzt. 2024 und 2025 würden je eine halbe Milliarde Franken fehlen, macht zusammen eine Milliarde Franken. Nur wenig später berichtete der «Tages-Anzeiger», das Loch betrage gar 1,2 Milliarden Franken. Wo die Wahrheit genau liegt, ist schwierig abzuschätzen. Denn die Armee wollte sich bislang nicht öffentlich äussern. Gut informierte Quellen sagen nun gegenüber CH Media: Die Finanzierung für 2024 sei gesichert. Der Armee würden für die Jahre 2025, 2026 und 2027 insgesamt 1,2 Milliarden Franken fehlen.
Das interne Dokument, aus dem SRF zitierte, liefert auch Anhaltspunkte, wie es zu dieser Situation kommen konnte. Offenbar regierte im Armeestab zeitweilig das Prinzip Hoffnung: Zunächst hatte die Armee keine oder nur wenig Investitionen in Rüstungsgüter geplant, um eine grössere Summe für kostspielige Anschaffungen freizuschaufeln. Mit dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs wurden jedoch bald politische Forderungen laut, das Budget zu erhöhen. Das Parlament stimmte einer Motion von FDP-Präsident Thierry Burkart zu, das Budget der Armee bis 2030 schrittweise auf ein Prozent des BIP zu erhöhen – von 5,5 auf 10 Milliarden Franken pro Jahr. Darauf vertraute man offenbar auch in der Armeeführung.
Doch der Bund hat Geldsorgen, die strukturellen Defizite sind gross. Deshalb trat vor einem Jahr die damals neue Finanzministerin Karin Keller-Sutter auf die Bremse. Der Bundesrat verlangsamte das ursprünglich angedachte Ausgabenwachstum (und das Parlament bestätigte den Entscheid im Dezember), was den vorschnellen Armeeplanern ein gröberes Problem bescherte. Spätestens mit dem durch Bundesrat und Parlament bewilligten Kauf von Mörsern und Radschützenpanzern sei klar gewesen, dass die Rechnung nicht mehr werde aufgehen können, berichtet der «Tages-Anzeiger». Damit sitze die Armee plötzlich auf Kaufverträgen für Rüstungsgüter, für die sie eigentlich nicht über die nötigen Mittel verfüge.
Dazu kamen zwei weitere Faktoren: zum einen die Teuerung, zum anderen höhere Betriebskosten. Letzteres hat Armeechef Thomas Süssli auch in einem Interview angetönt: Gegenüber SRF sagte er kürzlich: «Die Betriebsausgaben für diverse Systeme, beginnend bei den Flugzeugen, aber auch bei den Bodentruppen, sind massiv gestiegen.» Dies habe die Armeeführung vergangenen Mittwoch erkannt, daraufhin die Reissleine gezogen und die geplanten Publikumsanlässe abgesagt.
Zuständige Kommission weiss von nichts
Es ist wohl kaum Zufall, dass das brisante Dokument nur einen Tag vor der Sitzung der Sicherheitspolitischen Kommission des Ständerats (SIK-S) seinen Weg an die Öffentlichkeit findet. Am Donnerstag trifft sich die SIK-S zur Lagebesprechung. Antraben muss nicht nur Departementschefin Viola Amherd (Mitte), sondern auch Thomas Süssli.
Aus der Kommission ist zu vernehmen, dass man über die aktuellen Vorgänge nicht vorinformiert wurde. Auch das in den Medien kolportierte Dokument hat die Kommission offenbar noch nicht einsehen können – was den Fragekatalog an die Armeespitze kaum kleiner machen wird.