Sie sind Grenzgänger: Diese drei Grössen der Kunst und Architektur erhalten den Prix Meret Oppenheim
Sie alle sind neue Wege gegangen. Die diesjährigen Preisträgerinnen des Schweizer Grand Prix Kunst / Prix Meret Oppenheim sind Pionierinnen ihres Fachs, die an Konventionen gerüttelt haben. Das Bundesamt für Kultur gratuliert der Kunstvermittlerin Jacqueline Burckhardt, den Architekten Marianne Burkhalter und Christian Sumi sowie der Malerin Valérie Favre, teilt es am Donnerstag in einer Mitteilung mit.
Jacqueline Burckhardt – Engagierte Gestalterin einer lebendigen Kunstvermittlung
Die Karriere von Jacqueline Burckhardt ist vielfältig: Als Restauratorin, Kunsthistorikerin, Kuratorin, Autorin, Herausgeberin und Veranstalterin hat sie sich erfolgreich für die internationale Positionierung der Schweizer Kunstszene und die Anerkennung der zeitgenössischen Kunst eingesetzt, begründet das Bundesamt für Kultur den Entscheid.
De Baslerin, die heute in Zürich lebt, war 1984 Mitbegründerin der Kunstzeitschrift «Parkett». In den 33 Jahren bis zur Einstellung der Publikation 2017 waren die 101 Ausgaben ein grosser Erfolg und brachten die bedeutendsten Kunstschaffenden ihrer Generation zusammen. Als Kunstvermittlerin schuf sie spannende Programme für das Kunsthaus Zürich oder das Zentrum Paul Klee in Bern. 1996 war sie Ko-Kuratorin der Ausstellung «Meret Oppenheim: Beyond the Teacup» am Guggenheim Museum in New York. Von 1998 bis 2006 präsidierte sie die Eidgenössische Kunstkommission, in der sie sich für die Einrichtung des Prix Meret Oppenheim einsetzte.
Marianne Burkhalter und Christian Sumi – Pionierleistungen im modernen Holzbau
In ihrem vielseitigen Schaffen haben Marianne Burkhalter und Christian Sumi gebaut, unterrichtet, geforscht, ausgestellt und umfangreich publiziert. 1984 gründeten sie das Büro Burkhalter Sumi und wurden mit ihrem Form- und Farbkonzept (Rot ist ihr Markenzeichen) rasch zur internationalen Referenz. Von Anfang an waren ihnen die Umweltfragen bewusst, sie entwickelten neue Typen des Wohnungsbaus, begründet das Bundesamt für Kultur den Entscheid.
Die unterschiedlichen Lebensläufe von Marianne Burkhalter und Christian Sumi ergänzen sich beim Lösen grundsätzlicher Probleme des Bauens. Marianne Burkhalter ist ausgebildete Bauzeichnerin und experimentierte in avantgardistischen Büros in Los Angeles. Christian Sumi forschte in den 1980er-Jahren am Institut für Geschichte und Theorie der Architektur (gta) der ETHZ zur Moderne. 2020 entschied das Duo nach 36 Jahren ihr Architekturbüro an ihre Partner zu übergeben (heute OXID Architektur Zürich). 2021 schenkten Burkhalter Sumi einen Teil ihres Archivs dem gta der ETH. Unter dem Namen Burkhalter Sumi führen sie ihre auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Bau‑ und Forschungstätigkeit weiter.
Valérie Favre – unkonventionelle Malerin
Für Valérie Favre ist das Malen eine radikale Art, über die Welt nachzudenken. Sie widerspiegeln die Vorstellungskraft der Künstlerin und sind geprägt von bewussten Bezügen zu Film, Theater oder Literatur. Heute widmen sich viele Kunstschaffende wieder der figurativen und erzählenden Malerei. Mit ihrem seit mehr als dreissig Jahren entwickelten malerischen Schaffen nimmt Valérie Favre dabei eine Vorreiterrolle ein, begründet das Bundesamt für Kultur den Entscheid.
Nach einer frühen Karriere in Theater und Film in Genf und Paris widmet sich Valerie Favre seit Ende der 1980er-Jahre der Malerei. Während der damalige Diskurs der zeitgenössischen Kunst von Konzeptkunst und Minimal Art geprägt war, schuf Valérie Favre überschwängliche, expressionistische Kompositionen und machte sich rasch einen Namen als feministische Malerin. Sie arbeitet dabei meistens über mehrere Jahre gleichzeitig an verschiedenen Serien. Eine davon ist Lapine Univers (2001-2012) um eine hybride Gestalt mit langen Hasenohren, gleichzeitig Heldin und Antiheldin. Während zehn Jahren entstand ausserdem ihre Sammlung Suicide (2003-2013), in der Favre das Thema Suizid in unzähligen Formen verarbeitet.
Der Schweizer Grand Prix Kunst / Prix Meret Oppenheim zeichnet seit 2001 Persönlichkeiten aus, die in den Bereichen Kunst, Architektur, Kritik, Verlags- oder Ausstellungswesen tätig sind. Die mit 40000 Franken dotierten Preise werden im Juni im Rahmen der Ausstellung der «Swiss Art Awards» (parallel zur ART) in Basel vergeben.