Eierknappheit in der Schweiz: Alles übertrieben, sagen Aargauer Verbände und Landwirte
Der Schweiz drohe ein Eiermangel, berichteten Medien in den letzten Wochen. Die Nachfrage habe wieder stärker zugenommen, im Hinblick auf Ostern könnten Importe unumgänglich werden, hiess es seitens von Grossverteilern, die eine Knappheit in ihren Regalen befürchteten.
Das Thema einer drohenden Eierknappheit ist aber nicht unbedingt neu: Ähnliches las man etwa schon an Ostern vor einem Jahr. Damals hiess es: Nach einem starken Anstieg des Eierkonsums in der Pandemie sei die Nachfrage ab 2022 wieder gesunken. Um nicht erneut auf Restbestände sitzen zu bleiben, hätten Landwirtschaftsbetriebe reagiert und ihre Produktion zurückgefahren, offenbar etwas zu stark.
2021 wurden in der Schweiz pro Person 195 Eier gekauft. 2022 ging der Eierkonsum auf jährlich 186 pro Person zurück, es gab eine Überproduktion von rund 10 Prozent. «Das ist extrem viel. Es war für uns ein schwieriges und teures Jahr», sagt Daniel Würgler, Präsident der Vereinigung der Schweizer Eierproduzenten Gallosuisse.
Man korrigierte die Produktionsmenge deshalb wieder nach unten. «Wir wollen zwar jeden Kundenwunsch erfüllen und es ist schade um jedes Mal, wo auf ein Import-Ei ausgewichen werden muss». Unter den jetzigen Gegebenheiten sei es aber nicht möglich, dies zu verhindern. «Es ist bei allem so: Man produziert lieber ein wenig knapp als viel zu viel.»
Daniel Würgler bestätigt aber, dass die Nachfrage nach Eiern, abgesehen vom unüblichen Höhepunkt während der Pandemie, schon seit Jahren kontinuierlich steige. Das Ei sei im Trend, auch da es ein relativ günstiges Protein ist: Die Menschen essen weniger Fleisch, dafür mehr Eier.
Und er kann die Sicht der Detailhändler, die gerne stets volle Regale anbieten wollen, verstehen. Dass es einen Engpass in der Eierproduktion gäbe, das bestreitet er hingegen vehement. «Jeden Tag gibt es frische Eier», sagt er. «Wir arbeiten aber mit Lebewesen, die können nicht einfach plötzlich mehr oder weniger produzieren.»
«Auf Hypes reagieren können wir nicht»
Daniel Würgler beschreibt die Situation als eine Gratwanderung: Es gäbe Wochen, in denen es mal weniger von der einen Eiersorte gäbe. Man müsse die zu produzierenden Mengen etwa eineinhalb Jahre im Voraus abschätzen. Auf Hypes zu reagieren, könne man deshalb nicht. Eine 100-prozentige Lieferbereitschaft zu garantieren, sei sehr schwierig und mache auch keinen Sinn.
Zudem gäbe es in der Schweiz, anders als in anderen Ländern, die konstant viel Eier konsumieren, eine gewisse Saisonalität: An Weihnachten und Ostern würden meistens viel mehr Eier nachgefragt als sonst. Diese Volatilität in der Nachfrage sei das Schwierigste für die Branche. Ein regelmässiger Konsum würde bei der Voraussehbarkeit helfen. «Dann könnten wir die Produktion darauf abstimmen. Die Hühner legen Eier das ganze Jahr hindurch.»
Gertrud Häseli: Händler wollen Preise nach unten drücken
Im Aargau ist die Situation nicht anders als im Rest des Landes. Nachgefragt bei Landwirtin und Grossrätin Gertrud Häseli (Grüne), findet sie klare Worte: Es sei «alles nur Stimmungsmache vonseite der Futterhändler, Brütereien und Eierhändlern», sagt sie. «Es wird alles darangesetzt, dass zu viele Eier produziert werden und der Preis gedrückt werden kann. Es gibt keinen Grund zur Panik.»
Seitens des Bauernverbands Aargau sagt Vizepräsidentin und ebenfalls Grossrätin und Landwirtin Colette Basler (SP): Den eierproduzierenden Betrieben im Aargau gehe es gut, einen Eiermangel können sie nicht ausmachen. «Manchmal sind die einen oder anderen Sorten knapp, das ist aber nichts Aussergewöhnliches und pendelt sich jeweils wieder ein.»
Colette Basler plädiert für «Coolness und Resilienz»
Die Branche müsse im Voraus planen, da Küken nicht direkt Eier legen. «Das erfordert ein laufendes Beobachten des Marktes und viel Fingerspitzengefühl», sagt sie. «Gibt es eine plötzlich steigende Nachfrage nach Eiern, muss man zuerst einmal abwarten. Panik verbreiten ist keine Lösung. Coolness und Resilienz sind gefragt.» Im Moment bestehe im Kanton kein Handlungsbedarf.