Der «Köppel-Effekt» schreckt ab: Vereine wollen bei der Bundesfeier nicht mithelfen
Das Programm der Bundesfeier in Spreitenbach ist seit Jahren dasselbe: Am Morgen findet die offizielle Festrede mit anschliessendem Apéro statt, und am Abend wird ein Volksfest gefeiert. Bei beiden Anlässen haben bisher die Dorfvereine tatkräftig mitgeholfen. Doch dieses Jahr ist die Suche nach Unterstützung schwieriger als sonst, wie die Gemeinde in einer Mitteilung schreibt.
«Trotz intensiver Suche ist es dem Gemeinderat in Zusammenarbeit mit dem Vereinskartell Spreitenbach nicht gelungen, ein Organisationskomitee zur Durchführung des Festanlasses am Abend zu finden», steht in dem Schreiben. Während der Apéro am Morgen auch ohne Mitwirkung eines Vereins möglich sei, könne der Abendanlass nicht durch die Gemeinde gestemmt werden.
Gegenüber Radio Argovia sagte Verwaltungsleiter Patrick Geissmann: «Wir haben das Gefühl, dass es grundsätzlich ein gesellschaftliches Problem ist, dass Vereine immer mehr Mühe haben, solche Anlässe zu organisieren.» Zudem findet Ende August das viertägige Dorffest zum 900-jährigen Bestehen der Gemeinde statt, bei dem die Vereine ebenfalls gefordert sind und keine Kapazität mehr haben.
Überalterung, Terminkollisionen und Köppel
Im Radio-Beitrag kommen einige Vereine selbst zu Wort. So führt beispielsweise Präsidentin Claire Stutz vom Frauenturnverein an, dass sie in den vergangenen Jahren sehr oft bei Gemeindeanlässen mitgeholfen hätten, nun aber mit einer gewissen Überalterung kämpften. «Deshalb ist es für uns schlicht nicht möglich.»
Der FC Spreitenbach stellt bereits zahlreiche Freiwillige für das Dorffest zur Verfügung. Gemäss Präsident Arton Selmani ist der Termin aber auch ungünstig, weil der 1. August in die Sommerferien falle.
Offenbar sind aber auch die Ereignisse rund um die Bundesfeier 2022 noch nicht überall vergessen: Damals war Roger Köppel (SVP) als Festredner eingeladen. Nach Protesten und Drohungen sagte die Gemeinde die Festrede aus Sicherheitsgründen ab, reichte aber Strafanzeige ein. Das Verfahren wurde jedoch eingestellt.
Daniel Fischer, Präsident des Freizeitklubs Sterne Club, erklärte gegenüber Radio Argovia: «Generell sehe ich das Problem mit dem polarisierenden Redner, mit dem sich der Sterne Club nicht in Verbindung bringen möchte.» Er erwarte nun, dass der Gemeinderat auf die Vereine zugehe. Vielleicht finde sich dann eine Lösung.
Gemeindepräsident Markus Mötteli entgegnet, man sei oft auf die Vereine zugegangen und könne nicht nochmals jeden einzeln kontaktieren. Er hofft, dass sich nach dem Aufruf in den Medien doch noch Freiwillige melden. Für den Gemeinderat stehe aber fest: «Wenn nicht, dann führen wir nur den Teil am Vormittag durch, und das Volksfest am Abend fällt für einmal aus.» Festredner wird ein Spreitenbacher Unternehmer sein.
Dass die Organisation von Anlässen immer schwieriger wird, musste zuletzt auch Würenlos erfahren: Dort steht der traditionelle Christchindlimarkt vor dem Aus, weil seit Monaten vergeblich ein Chef Infrastruktur gesucht wird. (az)