Essbare Kunstwerke: Cake-Designerin erzählt von ihrem Handwerk – und warum sich jemand eine Penistorte wünschte
Ob der faule Kater Garfield mit dem Stück Lasagne, ein sich schlängelndes Krokodil oder der alte VW-Bus aus den 1960er-Jahren – ganz egal, Simone Knechtle erfüllt Kundinnen und Kunden ihre süssesten Wünsche. Dies mitunter in Form von 3D-Torten, die so schön sind, dass der Anschnitt fast schon schade ist.
Gezählt hat die Effingerin die Torten nicht. Aber rund 1000 müssen es gewesen sein. Was ihr von diesen geblieben ist: ein Potpourri von Bildern auf ihren sozialen Kanälen und so mancher herzerwärmende Moment, «wenn beim Abholen der Geburtstagstorte mit dem Lieblingsmotiv die Kinderaugen leuchten», so die ausgebildete Konditorin-Confiseurin.
Doch nicht immer holt Knechtles Kundschaft die essbaren Kunstwerke ab. Manchmal muss sie diese auch ausliefern. Dann kommen Kühlelemente zum Einsatz und ein «Cakebord», das so gross ist, dass die Torte so wenig Spiel wie möglich auf der Ladefläche hat.
Trotzdem heisst es für sie in den Kurven dann: langsam fahren. «Ich habe hinten am Auto extra ein Warnsignal mit der Aufschrift ‹Torte an Bord›», sagt Knechtle und fügt mit einem Lachen an: «Ich will ja nicht, dass einer denkt: ‹Was ist denn das für eine blöde Kuh.›» Das hat bisher noch niemand. Jedenfalls blieb das Gehupe, vermutlich der «Torte-on-Board»-Aufschrift wegen, bis heute aus.
Aus der Backstube zur Polizei gewechselt
Selbstständig gemacht mit «Cake-Design Simone» hat sich Knechtle im Sommer 2020. Lediglich die ersten drei Jahre nach ihrer Ausbildung war sie in der Zuckerbäcker-Branche tätig. Mit 33 liess sie sich zur Polizistin ausbilden. Aus gesundheitlichen Gründen musste sie den Dienst quittieren. Zuletzt arbeitete sie im Büro einer Firma für Autoersatzteile. Doch bereits vor der Selbstständigkeit habe sie immer wieder von Freunden, Verwandten und Bekannten Back- und Tortenaufträge erhalten. Etwa von ihrem Bruder fürs Militär. 400 Portionen Apfel-Streuselkuchen bereitete sie zu.
Natürlich eher trivial für Knechtle, im Gegensatz zu den Motivtorten. Der Reiz sei es, herauszufinden, wie man diese umsetzen kann; und «etwas herzustellen, das nicht jeder kann», so Knechtle. «Diese Herausforderung und die Kreativität macht es für mich aus.» Statt auf Buttercreme setzt Knechtle aus Geschmacksgründen auf eine Mascarpone-Sahne-Mischung, mit der sie die einzelnen Formen befüllt. Über Nacht lässt sie die Masse auskühlen, damit sie die Torten in Form schneiden kann. Das geschieht mittels Schablonen, die sie an den Tortenrohling hält.
Manchmal, wenn es etwa um die Nachbildung eines speziellen Fahrzeugs geht, ist zunächst Recherche notwendig. Knechtle sucht nach verschiedenen Bildern des gewünschten Fahrzeugtyps, um etwa Fenster oder die Beleuchtung so detailgetreu wie möglich nachzustellen. «Prinzipiell ist fast alles möglich. Nur menschliche Gesichter kann ich als Torte nicht nachbilden», sagt sie. Dafür kann sie aber essbare Fotos von Personen auf den Torten anbringen. Dies mit einem Drucker, den sie mit Lebensmittelfarbe füllt.
Neben dem Haus gackern die Hühner
Etwa fünfezehn bis zwanzig Torten verkauft sie pro Monat. Die meisten davon sind Geburtstagstorten. «Bei Mädchen stehen Prinzessinnen, Disney und Einhörner hoch im Kurs.» Bei den Jungen seien dies Traktoren und «Paw Patrol» – eine Kinderanimationsserie, in der Hunde im Mittelpunkt stehen. Wichtig ist ihr, dass sie alles selbst herstellt, keine Fertigprodukte und Tütchen verwendet. Gleich neben dem Haus gackern denn auch ihre Hühner. Vorteilhaft, denn der Eierverbrauch aufgrund der Biscuits ist immens.
Knechtle lacht, als sie von ihrer skurrilsten Anfrage erzählt. Ein Politiker aus der Region fragte sie nach einer Penistorte. «Im ersten Moment war das doch sehr komisch», so Knechtle. Doch dann erklärte der Politiker, er wolle mit der Torte einen Freund, der als Gefässchirurg arbeitet, anlässlich der Eröffnung einer Klinik überraschen. Gedacht als Gag, stellte Knechtle die Torte mit dem speziellen Motiv her. Jedoch zählt sie zu einer der wenigen Torten, die Knechtle nicht fotografierte und auf ihren sozialen Kanälen postete. «Aber sie sah schon ziemlich echt aus», muss Knechtle schmunzeln.