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Ein Kuss kann schon ausreichen: Syphilis-Infektionen steigen im Aargau

Ein Kuss kann schon ausreichen: Die Syphilis-Infektionszahlen sind sowohl in Deutschland als auch in der Schweiz in den letzten Jahren gestiegen. Auch im Aargau schellen diese nach oben.

Am 15. Februar 2024 veröffentlichte das deutsche Robert-Koch-Institut (RKI) einen Bericht, dass es einen raschen Anstieg an Syphilis-Infektionen gibt. Seit 2010 nehmen in Deutschland die Ansteckungen stetig zu. Im Jahr 2022 erreichten sie sogar einen neuen Höchstwert. Unser Nachbarland ist aber kein Einzelfall, was die Infektionszahlen anbelangt. Auch in der Schweiz nehmen die Infektionen immer mehr zu. Statistikendes Bundesamts für Gesundheit(BAG) zeigen an, dass ab 2015 die Zahlen in die Höhe geschossen sind.

Syphilis

Syphilis ist eine sexuell übertragbare und bakterielle Krankheit. Durch den direkten Hautkontakt, der Schleimhäute – sei es im Genitalbereich, Analbereich oder durch den Rachen – schaffen es die Bakterien in unseren Körper. Im Gegensatz zu HIV kann Syphilis auch durch das Küssen übertragen werden.

Einen vorläufigen Höhepunkt wurde 2019 erreicht, als es 1067 Fallmeldungen gab. Während Covid-19 sind die Zahlen eingebrochen; 2020 waren die Ansteckungszahlen erstmals wieder so tief wie vor vier Jahren; ein Jahr später gab es einen leichten Aufschwung, bis 2022 wieder das Vor-Pandemie-Niveau erreicht wurde mit 1071 Infektionen. Vergangenes Jahr gab es 1082 Meldungen, so viele wie in den letzten zehn Jahren nicht mehr. Und in diesem Jahr gab es im ersten Quartal bereits 222 Ansteckungen. (Stand: 4. April 2024)

Wie sieht es im Aargau aus?

Auch im Kanton Aargau zeigen die Meldungen einen Anstieg. Aber warum? Laut Christoph Fux, Chefarzt Infektiologie am Kantonsspital Aarau (KSA), hat das zwei Gründe: «Im Rahmen der Covid-Jahre gab es eine Reduktion von sexuellen Aktivitäten; die Leute haben sich jetzt erholt und werden wieder wagemutiger». Zweitens gibt es für Männer, die mit Männern Sex haben, «mehr Prä-Expositions-Prophylaxe (PrEP) für HIV.»

Das heisst, Homosexuelle können sich so mit der Einnahme von dem Medikament vor HIV schützen. «Das hat aber auch die Folge, dass man ungeschützten Geschlechtsverkehr hat und genau dieser ungeschützte Sex führt dazu, dass die anderen übertragbaren Krankheiten wie Syphilis zunehmen», so Fux.

Auch die Aargauer stellvertretende Kantonsärztin Dr. Margarethe Wiedenmann, sagt gegenüberArgoviaToday, dass die Ansteckungen in den letzten Jahren stetig zugenommen haben. «Dieses Jahr wurden bereits zehn neue Syphilisfälle gemeldet. Der Kanton Aargau befindet sich mit den Infektionen im schweizweiten Vergleich im Mittelfeld», so Wiedemann. Besonders betroffen sind Menschen im Alter von 25 bis 34 Jahren. Letztes Jahr erkrankten die Männer rund sechseinhalbmal häufiger an Syphilis als Frauen, wie die Ärztin weiter sagt.

Erkennung und Behandlung von Syphilis

Syphilis fängt zunächst unauffällig an. Anstecken kann man sich vaginal, anal, oral und beim Mann auch genital – aber auch über einen harmlosen Kuss.

Christoph Fux berichtet: «Im ersten Stadium gibt es lokale Beschwerden sowie einen Ulkus, eine sogenannte Afterinfektion und lokale Lymphknotenschwellungen. Im zweiten Stadium kommt dann Hautausschlag dazu, da sich die ganzen Bakterien im Körper verteilen. Bis hierhin ist Syphilis auch ansteckend. Danach gibt es eine Latenzphase und die Bakterien machen jahrelang nichts mehr. Das dritte und letzte Stadium kann nach Jahrzehnten wieder kommen und befällt danach das Hirn. Dadurch kann man taub werden oder es könnte auch die grossen Gefässe befallen».

Die erste und zweite Phase komme nicht regelmässig vor und müsse einem auch nicht sofort auffallen. «Darum ist es wichtig, dass sich Leute mit Risikoverhalten immer wieder testen lassen. Stellt man Syphilis fest, können die Ärzte mit einer Penizillinspritze die Krankheit stadiumsgerecht behandeln und auch heilen», fügt der Infektiologe an.

Ist ein Test positiv, solltest du dich auch auf weitere Geschlechtserkrankungen testen lassen. Der Infektiologe Christoph Fux empfiehlt daher, «wenn du den Sexualpartner nicht kennst, schütze dich trotzdem gegen HIV.» Vor allem, weil PrEP-Medikamente nicht gegen andere Krankheiten wie Syphilis schützen. Falls jemand Risikokontakte hat, sprich unbekannte Sexualpartner oder auch Symptome auftauchen, der sollte sich in regelmässigen Abständen testen lassen.

Primärstadium:Ausbildung eines roten Knötchens am Ort der Ansteckung (Penis, Schamlippen, seltener Mundhöhle), welches zum einem etwa 2 Zentimeter grossen, offenen, schmerzlosen Geschwür heranwächst. Zudem geschwollene Lymphknoten. Ansteckend. Narbige Abheilung nach ein bis zwei Monaten.

Sekundärstadium: Kleinfleckiger, roter Hautausschlag vor allem am Körper und an den Hand- und Fussflächen, rote Stellen im Mund, narbige Abheilung. Allgemeinsymptome wie Fieber, Müdigkeit, Erkältungsymptome, Gliederschmerzen. Kein Juckreiz. Haarausfall ist in der Zeit möglich. Geschwollene Lymphknoten. Ansteckend. Abheilung meist nach drei Wochen.

Spätsyphilis(nach über 1 Jahr): Kann sich bei unbehandelter Frühsyphillis entwickeln, in entwickelten Ländern selten. Auftreten von Gummen an Haut und Schleimhaut. Bei Neurosyphilis Befall des Gehirns. Deutlich weniger ansteckend als im Frühstadium.