«Hochgradig geeignet»: Findet im Juni auf dem Bürgenstock ein Friedensgipfel statt?
Die Schweiz bereitet sich darauf vor, einen Ukraine-Friedensgipfel durchzuführen. Der Bundesrat soll demnächst darüber entscheiden. Die Konferenz wurde im Januar von Bundespräsidentin Viola Amherd während des Besuchs des ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski in Bern angekündigt.
Der Friedensgipfel soll am 16. und 17. Juni auf dem Bürgenstock stattfinden. 80 bis 100 Staaten sollen daran teilnehmen. Das Luxusresort im Kanton Nidwalden sei als Austragungsort sehr wahrscheinlich, schreibt der Tagesanzeiger und beruft sich auf einen Bericht der Agentur Bloomberg. Die Planungen seien im Gange. Daran beteiligt seien sowohl das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) als auch die Kantone Luzern und Nidwalden.
Es hätten bereits auch Planungssitzungen stattgefunden. Auch die Luzerner Polizei sei in die Sicherheitsplanung involviert. Eine Sprecherin des Luzerner Justiz- und Sicherheitsdepartements sagte auf Anfrage, dass die Organisation einer allfälligen Friedenskonferenz und damit auch die Kommunikation darüber in der Verantwortung des Bundes liege. Die Nidwaldner Justiz- und Sicherheitsdirektorin Karin Kayser-Frutschi sagte auf Anfrage, dass es bis Mittwochnachmittag einen Kommunikationsstopp gebe und sie daher nicht mehr sagen könne.
Beim EDA heisst es auf Anfrage lediglich, dass sich die Schweiz auf Wunsch der Ukraine bereit erklärt hat, die erste hochrangige Konferenz zum Thema Frieden in der Ukraine auszurichten. Die Vorbereitungen dazu seien im Gang. Datum sowie Ort der Konferenz und Teilnehmerstaaten würden zu gegebenem Zeitpunkt kommuniziert.
Die Bitte um einen Friedensgipfel kam von Selenski selbst. Der ukrainische Präsident hatte die Schweiz dafür angefragt, sagte Amherd im Januar gegenüber dieser Zeitung. «Wir werden die Details vertieft prüfen, damit der Friedensprozess ein Erfolg ist.» Das Verteidigungsdepartement (VBS) präzisierte in einer Mitteilung, dass die Schweiz eine Gipfelkonferenz zur Friedensformel organisiert.
Ist China an der Konferenz dabei?
Noch sei die Wahl des Termins Gegenstand von Diskussionen. So könnte die Konferenz direkt nach dem G-7-Treffen in Rom Ende Mai stattfinden oder auch erst im Juni. Die Schweiz ist bemüht, eine breite Koalition von Teilnehmerstaaten zu gewinnen. Diese umfassen auch Reisen von Aussenminister Ignazio Cassis nach Indien und China sowie Gespräche von Wirtschaftsminister Guy Parmelin in Katar. Die Teilnahme sogenannter Brics-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika) sei entscheidend für den Erfolg des Gipfels. Russland hat bereits früher signalisiert, dass es nicht interessiert ist. Ob China teilnimmt, ist offen. Um China zur Teilnahme an der Konferenz zu bewegen, änderte das EDA laut Insidern vor einiger Zeit seine Sprachregelung: Es spricht nicht mehr vom «russischen Angriffskrieg», sondern vom «Ukrainekrieg».
SP-Nationalrat Fabian Molina geht davon aus, dass China in irgendeiner Form an der Konferenz teilnehmen wird. «Die Chinesen dürften die Gelegenheit nutzen, um sich auf der Weltbühne wieder salonfähiger zu machen und konstruktiv zu zeigen.» Wichtige Länder wie Brasilien allerdings würden der Konferenz wohl fernbleiben. «Dort herrscht die Ansicht vor, dass eine solche Konferenz nichts bringt, wenn Russland nicht dabei ist.»
Der Urner FDP-Ständerat und Sicherheitspolitiker Josef Dittli steht der Friedenskonferenz sehr positiv gegenüber. «Das Bemühen der Schweiz, im Konflikt zwischen Russland und der Ukraine einen Schritt weiter zu kommen, ist sehr zu begrüssen. Wie wirksam die Konferenz jedoch ohne die Beteiligung von Russland sein wird, kann man hinterfragen.» Diesen Umstand hält Dittli denn auch für die «Schwäche der Konferenz». «Wichtig ist aber, dass genügend andere namhafte Nationen teilnehmen werden. Das würde den Grundstein für weitere Schritte legen.» Dass China sich unter den Gästen befindet, ist für Dittli aber im Gegensatz zu Fabian Molina eher unwahrscheinlich. «Es würde mich sehr überraschen.»
Den Bürgenstock hält Dittli für «hochgradig geeignet», wie er sagt. «Am Bürgenstock für die nötige Sicherheit der Teilnehmenden zu sorgen, ist auf jeden Fall möglich.» Deshalb sei der Bürgenstock auch früher schon für Veranstaltungen dieses Formats benutzt worden. Wenn auch die Austragung einer solchen Konferenz mit viel Aufwand verbunden wäre, dürfte der volkswirtschaftliche Nutzen sehr hoch sein, wie Dittli schätzt. «Bei einer solchen Veranstaltung würde der Bürgenstock national und international viel Aufmerksamkeit erhalten, ähnlich wie es beim WEF in Davos der Fall ist.»