Vor 100 Jahren: Junger Archäologe legte Römervilla frei – nun wird die Geschichte des 1900 Jahre alten Gutshofes erlebbar
Den Bauern war der Fundort schon länger bekannt. Auf ihrem Ackerland in der Bözer Mei stiessen sie beim Pflügen immer wieder auf römische Ziegel. Darum ermunterte in den 1920er-Jahren der damalige Präsident der Gesellschaft Pro Vindonissa einen jungen Archäologen zu einer Ausgrabung. Dieser, Rudolf Laur-Belart, legte 1922 und 1923 mit Arbeitern die ersten Mauerreste frei. Schon bald erkannte er, dass es sich um das Hauptgebäude eines römischen Gutshofes, eine sogenannte Villa Rustica, handelte. Dank finanzieller Unterstützung konnte er 1928 den gesamten Gebäudegrundriss ausgraben.
Nun hat eine geschichtsinteressierte Gruppe mit Fachleuten der Kantonsarchäologie eine Infotafel geschaffen. Und so können sich die Passanten vor Ort ein Bild machen und sich in die Zeit der Römer zurückversetzen. Gemäss Sven Strautmann von der Kantonsarchäologie könne der Bau der Villa Rustica auf das erste Jahrhundert nach Christus datiert werden. «Die Funde des Gutshofes, die man kennt, stammen aus dieser Zeit», sagt er. So wurden bei den Ausgrabungen neben Ziegel- und Bodenbelagsfragmenten eine Lanzenspitze, eine Glocke, ein Rohr aus Blei sowie eine Münze mit dem Konterfei vom Marc Aurel, von 161 bis 180 nach Christus römischer Kaiser, geborgen. Die Funde sind im Depot der Kantonsarchäologie aufbewahrt.
Brandspuren zeugen vom Niedergang des Gutshofes
Spuren eines Brandes weisen darauf hin, dass der Gutshof etwa um 300 nach Christus verlassen wurde. Die Gutshöfe, so Strautmann, dienten der landwirtschaftlichen Versorgung. «Die Besitzer des Gutshofes dürften der besseren Gesellschaft angehört haben.» Darauf weisen etwa Fragmente von Wandmalerei hin, die im Hauptgebäude gefunden wurden. Die Badeanlage, die ebenso im Hauptgebäude integriert war, war mit einer Hypokauste – einer Flächen- oder Bodenheizung, in der warme Luft zirkuliert – ausgestattet. «Sie zeugt von römischer Baukultur», so Strautmann.
Der Bözer Gutshof liegt an der Hauptachse von Vindonissa nach Augusta Raurica. Allerdings ist er nicht direkt an der Strasse platziert, sondern etwas abseits in leichter Hanglage. In der Nähe befinden sich Quellen und ein Bach. So boten wohl schon damals das Lindental und die sanften Hänge des Förligs fruchtbares Landwirtschaftsland.
Ein Gebäude von stattlicher Grösse
Mit 33 Metern Länge und 19 respektive 22 Metern Breite weist das Gebäude eine stattliche Grösse auf. «Insgesamt dürfte es sich um eine mittelgrosse Anlage gehandelt haben», sagt Strautmann. Zwei markante Eckbauten der Villa Rustica flankieren einen grossen hallenartigen Raum. Dieser diente vermutlich als Wirtschaftsraum. Eine Säulenhalle verbindet die beiden Eckbauten. Der östliche Eckbau fungierte als Wohnraum. Dekoriert war er einst mit Wandmalereien.
Die Verputzfragmente in grüner, schwarzer und roter Farbe belegen einen gehobenen Wohnstandard. Der westliche Eckbau ist mit der erwähnten Badeanlage ausgestattet. Zu einem Gutshof, sagt Strautmann, gehörten aber auch landwirtschaftliche Bauten und Wohnstätten für die Arbeiterfamilien und die Bediensteten. «Solche Gebäude sind bis anhin In der Mei aber nicht bekannt.»
Die offizielle Einweihung der Infotafel bei der Bözer Römervilla findet am 17. Juni, 19 Uhr, in der Breite auf dem Weg von Bözen nach Zeihen mit einem kleinen Festakt statt. Aufgrund begrenzter Ressourcen werden Infotafeln von der Kantonsarchäologie Aargau nur an ausgewählten Fundplätzen erstellt. «In erster Linie betrifft das Orte, an denen effektiv noch heute archäologische Hinterlassenschaften zu sehen sind», so Strautmann.