«A de Pfingste gaats am ringschte»
Der flotte Spruch zu Pfingsten wurde bereits in den Siebzigern vom Trio Eugster in einem Lied vertont. Der Reim hat wohl keinen tieferen Sinn. Sicherlich auch keinen gewollten Zusammenhang mit dem christlichen Pfingstfest, das fünfzig Tage nach Ostern an die Ausgiessung des Heiligen Geistes erinnert. Was sich reimt, kann zum Sprichwort werden. Trotzdem, vielleicht lässt sich ja doch eine Botschaft in das Sprichwort hineinschreiben?
«A de Pfingste gaats am ringschte.» Der Jünger Petrus scheint mir eine geeignete Person, um die Frage, was an Pfingsten plötzlich «ringer» gehen könnte, zu vertiefen. Er erlebte eine persönliche Erneuerung, eine Offenheit für die göttliche Gegenwart und schrieb die Verringerung zwischenmenschlicher Kommunikationshürden dem Wirken des Heiligen Geistes zu.
In den Evangelien wird Petrus als ein vollmundiger Jünger und Nachfolger Jesu Christi beschrieben. Nach dessen Verhaftung war er so verängstigt, dass er seinen Messias verleugnete. Obwohl er es tränenreich bereute, kehrte er in den Tagen nach dem Tod Jesu zu dem zurück, was ihm am «ringsten» von der Hand ging: Er ging Fischen. Petrus war ein Mann der Taten, nicht der Worte. Doch gerade dort, beim Fischen, begegnete ihm der auferstandene Messias und ermutigte ihn, aus Liebe zu ihm den Weg in der Nachfolge Jesu Christi fortzusetzen. An Pfingsten dann schien Petrus den nötigen Rückenwind dafür bekommen zu haben. Plötzlich stand er für seine Überzeugungen ein und setzte vor versammelter Menge zu einer monumentalen Rede an. Die Scham war verschwunden, die Angst vor Verfolgung und Tod vom Winde verweht. Petrus hielt an Pfinsten die wohl wichtigste Predigt der Kirchengeschichte. Nein, diese begeisterten Jesus-Gläubigen sind kein Haufen Betrunkener, sie haben einfach gerade ein Bad in der göttlichen Gegenwart genommen. «A de Pfingste gaats am ringschte.»
Die biblische Überlieferung der Pfingstereignisse in Apostelgeschichte 2 erwähnt, dass die Predigt des Petrus die Menschen mitten ins Herz traf. Viele waren derart betroffen, dass sie bereit waren, ein neues Leben anzufangen. Sie waren bereit, für ihre persönlichen Verfehlungen die Vergebung Jesu Christi in Anspruch zu nehmen und luden den Heiligen Geist in ihr Leben ein. Die Menschen brachten in der Taufe ihren Glauben zum Ausdruck. Gerechtigkeit und Liebe ist in der Beziehung zum lebendigen Gott zu finden. Was Jesus begonnen hat, soll durch den Heiligen Geist verwirklicht werden.
Petrus fand Worte, die den Menschen zu Herzen gingen. Es gelang ihm, in Liebe die Wahrheit zu sagen und nutzte die grosse Bühne in Jerusalem nicht einfach nur für eine tolle Show oder um eine Leidensgeschichte mit der Öffentlichkeit zu teilen, sondern um Brücken zu bauen. Das alles war dem Wirken des Heiligen Geistes zu verdanken: Menschen verschiedener Sprachen und Kulturen verstanden einander. Wo vorher ein Graben war, hat Gott eine Brücke gebaut. «A de Pfingste gaats am ringschte.»
Die Pfingstpredigt des begeisterten Petrus hat die christliche Kirche begründet und Menschenleben innerlich und äusserlich verändert. Die Gläubigen von damals lebten in einer fürsorglichen Gemeinschaft, in der jeder und jede den anderen höher achtete als sich selbst. Sie teilten voll Freude und in aufrichtiger Herzlichkeit ihren Besitz untereinander auf und verschenkten ihren Überfluss den Bedürftigen.
Was damals so «ring» geschah, damit tun sich Kirche und Menschheit von heute ziemlich schwer. Statt Brücken zu bauen, werden Gräben aufgerissen. Daher ist es in diesem Jahr wiederum Zeit für Pfingsten. Zeit, für eine persönliche Erneuerung. Zeit, für Gottes Wirken an Menschenherzen. Zeit, um Brücken zu bauen. Das wünsche ich für mich selbst, für Sie liebe Leserinnen und Leser, aber auch für die ganze Welt, sollten wir uns auch in diesem Jahr zusprechen: «A de Pfingste gaats am ringschte.»