«Das Argument, dass es eh schon laut ist, finde ich zynisch»: Streit um Lidl-Verteilzentrum geht vor dem Bundesgericht weiter
Wie der Regionalverband zofingenregio am Mittwoch in einer Medienmitteilung schreibt, begründet das bernische Verwaltungsgericht seinen Entscheid damit, dass die Aargauer und Luzerner Nachbargemeinden nicht genügend vom Projekt betroffen seien. Es verweist auf die schon heute sehr hohe Verkehrsdichte auf der Strecke zum Autobahnanschluss Rothrist, durch die der Lärm, den zusätzliche Lastwagen in Murgenthal und Rothrist machen würden, vernachlässigbar sei. Zudem seien nur gemischt genutzte Zentren betroffen, wo die Lärmempfindlichkeit tiefer sei; die Wohngebiete seien weiter entfernt. Auf der Achse zum Autobahnanschluss Reiden würden die Lastwagen über «siedlungsferne Strassen» fahren. Schon deshalb sei die zusätzliche Lärmbelastung für die Gemeinden Brittnau, Pfaffnau, Reiden und Roggliswil vernachlässigbar.
Schwerverkehr in der Nacht würde sich mehr als verdoppeln
Max Schärer, Gemeindeammann von Murgenthal, wird in der Medienmitteilung mit folgenden Worten zitiert: «Das Argument, dass es eh schon laut ist, finde ich zynisch. Ausserdem würde sich der Schwerverkehr in der Nacht durch die Lidl-Lastwagen in Murgenthal mehr als verdoppeln.» Vom Mehrverkehr betroffen wären dort rund 870 Einwohnende, davon 59 im Alterszentrum Moosmatt. Tagsüber kämen 75 Schülerinnen und Schüler im Schulhaus Friedau dazu. In Rothrist sieht es ähnlich aus. Ralph Ehrismann, Gemeindeammann von Rothrist, sagt: «Bei uns liegen an der betroffenen Strasse grosse Wohngebiete. Insgesamt sind etwa 750 Personen in rund 330 Haushalten betroffen. Mit den zukünftigen Entwicklungsschwerpunkten Areal Breiten, Areal Dörfli und Areal Bahnhof rechnen wir zusätzlich mit rund 320 Wohnungen und 500 bis 600 Einwohnern, die betroffen wären. Ich sehe nicht, wieso wir nicht betroffen sein sollten.»
Zudem handele es sich in beiden Gemeinden bei den betroffenen Gebieten um Zentren, die von einem Grossteil der Bevölkerung regelmässig genutzt werden, erklären die beiden Gemeindeammänner. Hier befinden sich mehrere Restaurants, Läden, Banken und Coiffeure, in Murgenthal auch die Gemeindeverwaltung, die Bibliothek und der Jugendtreff. Auch wenn nicht die gesamte Bevölkerung unmittelbar an den betroffenen Strassen wohne, sei deshalb doch ein Grossteil der Bevölkerung von den Auswirkungen des Vorhabens in Roggwil im Alltag betroffen, argumentieren sie.
Auf inhaltliche Einwände wurde immer noch nicht eingegangen
Für die Gemeinden besonders stossend sei, heisst es weiter in der Mitteilung, dass die inhaltlichen Einwände, die sie seit Jahren gegen die Zonenplanänderung und das Lidl-Projekt vorgebracht würden, vom bernischen Verwaltungsgericht gar nicht behandelt wurden – mit der Begründung, dass sie nicht zur Beschwerde legitimiert seien.
«Aufgrund des fehlenden Richtplanverfahrens wurde den Gemeinden von Anfang an die Möglichkeit der Mitsprache vorenthalten», sagt Christiane Guyer, Präsidentin des Regionalverbands Zofingenregio, der die Beschwerden seiner Mitgliedsgemeinden koordiniert. Ihnen nun im Rahmen des Prozesses die Legitimation dazu abzusprechend, sei nicht nachvollziehbar – zumal die inzwischen durchgeführten raumplanerischen Abklärungen des Kantons Bern im Rahmen der Richtplananpassung ergeben hätten, dass am Standort Roggwil Logistik nur dann nachhaltig betrieben werden kann, wenn ein Grossteil der An- und Auslieferungen durch die Eisenbahn erfolgt. Dass dies nun für das Lidl-Projekt nicht gelten solle, sei nicht akzeptabel. «Wir erwarten, dass diese Erkenntnisse in die Planung zum Lidl-Verteilzentrum einfliessen und die Richtplanrelevanz des Projekts bestätigt wird», so Christiane Guyer.