Kürzung abgelehnt: Ständerat spricht wegen steigender Asylzahlen 239 Millionen Franken
Sparen ist das Gebot der Stunde beim Bund – oder zumindest ein langsameres Ausgabenwachstum. Gerade im Asylbereich werden von rechter Seite Kürzungen gefordert. Da verwundert auf den ersten Blick ein Entscheid des Ständerats: Er hat einen Nachtragskredit von 239 Millionen Franken für die Betriebsausgaben für die Bundesasylzentren am Donnerstag gutgeheissen – und sich deutlich gegen eine Kürzung ausgesprochen.
Hintergrund sind höhere Prognosen: Das Staatssekretariat für Migration geht für das laufende Jahr inzwischen von 33’000 Asylgesuchen sowie 25’000 Gesuchen für den Schutzstatus S aus. Gestützt darauf beantragte der Bundesrat den Nachtragskredit von 239 Millionen Franken.
Gegen diese Summe gab es in der vorberatenden Kommission des Ständerats Widerstand. Eine Mehrheit beantragte dem Rat eine Kürzung auf 167,3 Millionen Franken. Man dürfe die Kapazitäten nicht auf eine Spitze ausrichten, argumentierte sie. Statt mit einem Spitzenbedarf von 12’000 Betten solle man mit 10’500 Betten rechnen.
Einer der Wortführer der Kürzung war Mitte-Ständerat Benedikt Würth (SG). Auch die tiefere Summe führe dazu, dass zusätzliche Anlagen mobilisiert würden, betonte er. «Es stellt sich folgende Frage: Wollen Sie hier das Menü eines 5-Sterne-Hotels, also eine sehr sichere Aussteuerung dieses Systems bei einem relativ hohen Spitzenbedarf? Oder eine 4-Sterne-Lösung?»
Mit der Kürzung würde der Ständerat auch ein Zeichen an den Bund setzen, alles zu tun, damit die Gesuche nicht so hochschnellen, ergänzte SVP-Ständerat Pirmin Schwander (SZ). Wenn allen Unkenrufen zum Trotz die Spitze eintreffen sollte, müsse der Bundesrat halt nochmals beim Parlament anklopfen.
«Kürzung wäre ein Bumerang»
Der Ständerat sprach sich jedoch mit 26 zu 17 Stimmen bei zwei Enthaltungen gegen eine Kürzung des Kredits aus und folgte damit dem Nationalrat. Neben SP und Grünen stimmte auch rund die Hälfte der Mitte- und FDP-Vertreter gegen eine Kürzung. Sie warnten, ansonsten bestehe die Gefahr, dass der Bund im Herbst, wenn die Asylgesuche erfahrungsgemäss hoch sind, erneut Asylsuchende vorzeitig an die Kantone zuweisen müsse.
Zwar sehe das Gesetz vorzeitige Zuweisungen als Ultima Ratio vor, sagte Mathias Zopfi (Grüne/GL). Doch mit einer Kürzung des Kredits nehme der Ständerat die Notfallsituation wissentlich in Kauf, ohne einzukalkulieren, dass es noch schlimmer kommen könnte, mahnte er: «Das ist, wie wenn Sie das ganze Jahr mit dem Reserverad rumfahren.»
Mitte-Ständerätin Andrea Gmür-Schönenberger warnte vor einem Bumerang. Eine vorzeitige Zuweisung führe zu längeren Verfahren, Zusatzkosten und mehr Pendenzen – kurz: «Was man jetzt vermeintlich einspart, das holt uns nachher wieder ein.» Auch Finanzministerin Karin Keller-Sutter betonte, das Instrument der vorzeitigen Zuweisungen habe Nachteile und sollte daher nur benutzt werden, wenn es absolut nötig sei.
Mehrere Standesvertreter verwiesen zudem auf die Stellungnahmen von Kantonen und Gemeinden, die sich mit Nachdruck für den Nachtragskredit von 239 Millionen Franken ausgesprochen hatten. Was nicht verwunderlich sei, wie Würth anmerkte: «Praktisch immer, wenn der Bund alles bezahlt, sind Kantone und Gemeinden dafür.»