Ein Nest voller Gottesanbeterinnen – Aargauerin entdeckt Oothek
Die Fricktalerin staunte nicht schlecht, als sie kürzlich an ihrem Briefkasten in Möhlin viele kleine Gottesanbeterinnen vorfand. Ebenfalls vorhanden war das Nest oder das Eigelege, wo die Eier der Insekten abgelegt wurden. «Ich fragte mich, was denn da an unserem Briefkasten klebt», sagt Saskia im Gespräch mitArgoviaToday.
Sie sei deshalb um den Briefkasten herumgelaufen, um genauer nachzuschauen. «Dann habe ich die vielen Gottesanbeterinnen entdeckt. Sie sind ganz klein und unglaublich schnell», beschreibt Saskia ihre Entdeckung. Es seien grob geschätzt zwischen 50 und 100 Exemplare dort gewesen.
Eine in der Schweiz geschützte Art
Wie Matthias Borer, Kurator Biowissenschaften im Naturhistorischen Museum Basel, auf Anfrage von ArgoviaToday erklärt, handelt es sich bei den Gottesanbeterinnen um die ArtMantis religiosa. «Diese Art kommt in der Schweiz natürlich vorund es handelt sich um eine geschützte Art.» Daneben gebe es in der Schweiz noch eine weitere Art von Gottesanbeterinnen, die eingeschleppt wurde und sich ebenfalls weiter ausbreiten könnte.
Anhand der Bilder erkennt Borer, dass die kleinen Insekten erst kürzlich das Licht der Welt erblickt haben. «Die kleinen Exemplare auf dem Bild sind vor circa einer Stunde geschlüpft.» Danach häuten sie sich und können dann nicht sofort fressen. Nach ein bis zwei Tagen gehen sie dann auf Beutefang. Dann könne es auch sein, dass sich die Insekten gegenseitig fressen. «Gottesanbeterinnen sind durchaus kannibalistisch unterwegs», erklärt der Experte.
Kein Nest, sondern eine Oothek
Geschlüpft sind die kleinen Insekten aus Eiern, die ein ausgewachsenes Weibchen vor Wintereinbruch im letzten Jahr in das Eigelege – der sogenannten Oothek – gelegt hatte. «Auch beim Eigelege von Heuschrecken spricht man im Fachjargon von einer Oothek», klärt Borer auf.
Bei diesem Thema gerät der Experte ins Schwärmen. «Das sind architektonische Meisterwerke und es freut mich sehr, dass die Frau aus dem Fricktal das beobachten konnte!» Das Weibchen der Gottesanbeterinnen stellt diese Oothek aus Proteinen her. «Dabei schlägt sie diese mit dem Ende ihres Hinterleibs schaumig. Das kann man sich so vorstellen, wie wenn wir Menschen Eiweiss hart schlagen.» Bevor der Winter dann einbricht, legt das Weibchen ihre Eier dann hinein, ehe es stirbt.
Lang im Ei, kurz im Leben
Die Oothek schützt die Eier dann vor Witterung und Parasiten, ehe die Insektenbabys dann im Frühling oder Frühsommer schlüpfen. «Dass die Gottesanbeterinnen also jetzt geschlüpft sind, passt perfekt zur Jahreszeit», meint Matthias Borer. Seit dem Wintereinbruch im letzten Jahr befanden sich die Insekten in den Eiern und konnten sich entwickeln.
Jetzt, frisch aus dem Ei, müssen die Kleintiere wachsen. «Ungefähr im August sind die Tiere dann ausgewachsen und die Weibchen machen sich daran, neue Ootheken zu bauen, um ihre Eier vor Wintereinbruch darin ablegen zu können.» Die Männchen werden bis zu sechs Zentimeter, die Weibchen bis zu 7,5 Zentimeter gross.
Wenn der nächste Winter dann beginnt, sterben die ausgewachsenen Tiere. Dank des architektonischen Meisterwerkes überleben die Eier aber monatelang in der Oothek und im Frühjahr schlüpfen dann wieder die Kleintiere – der Kreislauf des Lebens.