Verdacht erhärtet sich: Ein Teil der Long-Covid-Betroffenen hat wohl eine Autoimmunerkrankung
Viele Patienten mit Long Covid werden innerhalb von ein bis zwei Jahren langsam wieder gesund. Bei ihnen könnte der Grund für die lang anhaltenden Symptome eine Viruspersistenz sein: dass der Körper Sars-Cov-2 zuerst nicht los wird. Doch bei manchen Patientinnen ist keine Verbesserung zu beobachten, und sie sind auch noch nach drei Jahren krank. Oft wird dann ME/CFS diagnostiziert, das Chronische Fatigue-Syndrom, das nach Virusinfektionen auftreten kann und bis zur nCoronapandemie schlecht erforscht war.
Dass bei ME/CFS Autoimmunkörper am Werk sind, vermuten Fachleute schon länger. Dazu würde passen, dass mehr Frauen als Männer an schwerem Long Covid erkranken: Autoimmunerkrankungen sind unter Frauen verbreiteter – wegen ihres aktiveren Immunsystems.
Nun liefert eine nochungeprüfte Studieein starkes Indiz dafür: Holländische Forschende um Hung-Jen Chen und Jeroen den Dunnen vom Amsterdam University Medical Center (UMC) haben Immunglobulin G von Long-Covid-Patientinnen und -Patienten und gesunden Personen Mäusen injiziert. Immunglobulin G ist die Antikörpergruppe, welche die Mehrheit aller Antikörper in Menschen ausmacht.
Nicht alle Mäuse entwickelten dieselben Symptome
Die Mäuse der Long-Covid-Patienten entwickelten danach unterschiedliche Symptome – die zu jenen drei Gruppen passten, in welche die Forschenden die Long-Covid-Patienten zuvor aufgrund unterschiedlicher Proteine im Blut eingeteilt hatten: Zwei Maus-Gruppen entwickelten Symptome, die auf Schmerz-Überempfindlichkeit hindeuten, in der dritten Gruppe war die Bewegungsaktivität reduziert.
Die Forschenden schliessen daraus, dass Antikörper bei der Entstehung von Long Covid eine Rolle spielen und dass Autoimmunität daher eine Ursache bei Long Covid sein kann. Weil die Mäuse unterschiedliche Symptome entwickelten, vermuten die Forschenden, dass verschiedene Gruppen von Autoantikörpern vorhanden sind.
An einerOnlinekonferenzüber Long Covid und ME/CFS im Mai kam ein Team um den australischen Neurologen David Putrino zu einem deckungsgleichen Befund: Mäuse, die Immunglobulin G von Long-Covid-Patientinnen und -Patienten erhalten hatten, performten schlechter in Krafttests, waren motorisch unsicherer und reagierten empfindlicher auf Schmerzimpulse. Der Neurologe sagte damals, man gehe davon aus, dass Autoantikörper diese Symptome verursachten, und meinte weiter: «Das zeigt ein für alle Mal, dass Long Covid eine organische Krankheit ist.»