Schuldig wegen Rassen-Diskriminierung: SVP-Politiker Naveen Hofstetter blitzt vor Bundesgericht ab
Der Aargauer SVP-Politiker Naveen Hofstetter sorgte vor bald drei Jahren mit einem Facebook-Post über afrikanische Flüchtlinge, die junge Mädchen adoptieren könnten, um sie zu missbrauchen, für Aufsehen. Konkret schrieb er: «Wenn wir es nun zulassen, dass in naher Zukunft dann auch afrikanische Flüchtlinge (mehrheitlich Männer), kleine Mädchen zwecks «figgifiggi» adoptieren dürfen, dann Gute Nacht mit unserer Kultur!»
Hofstetter löschte den Post zwar einen Tag später und schrieb: «Habe ihn gelöscht, weil ich mein Ziel, die Ablenkung vom Thema Spaltung, erreicht habe. Jedoch ist es einfach die Realität, dass häufig die jüngsten Mädchen von Männern afrikanischer Herkunft, sexuell belästigt werden.»
Anzeige trotz Entschuldigung
Die Posts hatten Folgen: Hofstetter entschuldigte sich zwar und schrieb, der Satz sei «unüberlegt und deplatziert» gewesen. Die Aargauer SP-Nationalrätin Gabriela Suter reichte trotzdem eine Strafanzeige gegen Hofstetter ein. Das Bezirksgericht Zofingen verurteilte ihn wegen mehrfacher Diskriminierung und Aufruf zu Hass zu einer bedingten Geldstrafe von 70 Tagessätzen à 220 Franken (15’400 Franken).
Das Aargauer Obergericht bestätigte das Urteilund wies eine Beschwerde von Hofstetter ab. Wobei es die Höhe der Tagessätze auf 170 Franken reduzierte, aber auch eine Busse von 2500 Franken aussprach. Nach dem Urteil des Bezirksgerichts war Hofstetter aus der Geschäftsleitung der SVP Aargau zurückgetreten.
Der Politiker zog das Urteil weiter ans Bundesgericht und forderte einen Freispruch. Dieses hat in seinem Urteil, das am Mittwoch publiziert wurde, seine Beschwerde abgewiesen und bestätigt die Verurteilung wegen Diskriminierung und Aufruf zu Hass aufgrund der Rasse sowie der sexuellen Orientierung. Hofstetter muss die Gerichtskosten von 3000 Franken übernehmen.
Bundesgericht: Bezug auf ganzen Kontinent
Hofstetter nehme mit den Ausdrücken «Männer afrikanischer Herkunft» und «afrikanische Flüchtlinge» auf «einen ganzen Kontinent Bezug», schreibt das Bundesgericht im Urteil. Mit diesen Begriffen sei die Anzahl und Diversität der erfassten Ethnien beträchtlich.
Hofstetter bringe mit seinem Beitrag zum Ausdruck, dass Personen, die in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften leben, als unnatürlich beziehungsweise Menschen zweiter Klasse zu betrachten seien. Dass er gleichgeschlechtliche Partnerschaften als unnatürlich bezeichne, sei eine eine pauschale Verunglimpfung und Herabsetzung.
«Die Verurteilung ist schliesslich auch mit der Meinungsäusserungsfreiheit vereinbar», schreibt das Bundesgericht. Dieser sei bei politischen Akteuren aus demokratischen Gründen zwar ein weitreichender Schutz einzuräumen. Und dass Hofstetter im Rahmen des Abstimmungskampfs zur «Ehe für alle» seine Ablehnung auch in einer zugespitzten Form äussern durfte, stehe ausser Frage. Im konkreten Fall habe Hofstetter aber kein sachliches Argument in zugespitzter Form und keinen beanstandeten Missstand geäussert.
Luzi Stamm als Anwalt vor Bundesgericht
Naveen Hofstetter will auf Anfrage der AZ zum Urteil keine Stellung nehmen. Als Präsident der SVP Rothrist trete er auf den 1. August zurück. Das habe aber nichts mit dem Urteil zu tun und habe andere Gründe, sagt der Politiker.
Vor Bundesgericht liess sich Hofstetter vom Badener alt Nationalrat Luzi Stamm vertreten. Das habe sich so ergeben, sagt Hofstetter. Jurist Stamm ist nach seinem Ausscheiden aus dem Nationalrat Ende 2019 als Anwalt tätig. Seit 2020 hat er Mandanten in sieben Fällen vor Bundesgericht vertreten.
Urteil: 6B_1477/2022