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Feilschen um den Frieden: Was Sie zum Ukraine-Gipfel auf dem Bürgenstock wissen müssen

Der internationale Gipfel in der Schweiz vom Wochenende soll für die Ukraine ein erster wichtiger Schritt in Richtung Frieden werden. Was Sie zur Konferenz auf dem Bürgenstock wissen müssen.

Das ist der Friedens-Gipfel für die Ukraine

Das ist der Friedens-Konferenzort Bürgenstock

Der Friedens-Gipfel findet am 15. und 16. Juni im Kurort Bürgenstock auf der Alp Tritt im Kanton Nidwalden auf gut 1100 Metern über Meer statt. Die Hotelanlage in der sich die Konferenzteilnehmenden treffen, heisst seit 2014 «Bürgenstock Resort».

2004 wurde auf dem Bürgenstock über die Wiedervereinigung des türkischen und griechischen Teils von Zypern verhandelt. Ein Dankesbrief des Bundes an den damaligen Hoteldirektor endete mit den Worten: «Der Bürgenstock gehört damit auch in Zukunft zu den Orten in der Schweiz, an denen wichtige internationale Konferenzen stattfinden können.»

Unsere Recherche zeigt, wie sich die offizielle Schweiz in eines der grösstenaussen- und sicherheitspolitischen Abenteuer ihrer Geschichtestürzte. Und wo die Risiken liegen.

Bürgenstock Resort: So residieren die Gäste

Das Bürgenstock Resort ist für zwei Tage wegen des Friedensgipfels für die Ukraine im Fokus der Weltöffentlichkeit. Rund 80 Staatsgäste werden hier untergebracht. Von der etwa tausendköpfigen Entourage kann ungefähr die Hälfte auf dem Bürgenstock übernachten, der Rest wird auf die Region verteilt. Wir werfen einen Blick ins Innere des Hotels.

Der Grossteil der Konferenzräume befindet sich in der Basis des renovierten alten Teils des Hotels Bürgenstock, fotografiert am Dienstag, 7. Mai 2024 in Obbürgen.
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Der Bürgenstock in der Nacht.
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Ein Konferenzraum des Bürgenstock-Hotels.
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Die Lobby des Bürgenstock-Hotels.
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Das überhängende Restaurant sowie auch Frühstücksraum des Hauptteil mit Hotel und Restaurants des Bürgenstock Resort hoch ueber dem Vierwaldstättersee.
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Treppe und Lobby des Bürgenstock-Hotels.
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Ein Konferenzraum oder ein privater Speisesaal im Hotel Bürgenstock.
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Der grosse Konferenzsaal im Hauptteil und Hotel des Bürgenstock.
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Das Bett eines Hotelzimmers im Hotel Bürgenstock.
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Die Lobby des Bürgenstock-Hotels.
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Das Bürgenstock-Hotel, hoch über dem Vierwaldstättersee.
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Die Gäste werden von 95 Köchinnen und Köchen in zehn Restaurants, Lounges und Bars bekocht. Rund 700 Angestellte sind im Einsatz.

Armee, Polizei und Nachrichtendienst im Einsatz für die Sicherheit

Das Gebiet um den Bürgenstock ist von Donnerstag 12 Uhr bis Montag Sperrzone. Die Nidwaldner Behörden werden von 4000 Armeeangehörigen und Armeematerial unterstützt. Hinzu kommt eine geheim gehaltene Zahl an Polizistinnen und Polizisten aus anderen Kantonen. Zum Vergleich: Beim fünftägigen Weltwirtschaftsforum WEF in Davon stehen jeweils 5000 Soldaten im Einsatz.


Der Luftraum über dem Bürgenstock ist während des Wochenendes gesperrt. In der ganzen Schweiz gilt eine erhöhte Sicherheitsstufe.

Cyberattacken, Atomgefahr und Giftanschläge:Die Schweiz ist für den Ukraine-Gipfel gerüstet. Die Lage ist durchaus ernst: Russland passt der Gipfel nicht und hat mit einerDesinformationskampagnebegonnen und unter anderemBundespräsidentin Viola Amherd diskreditiert.

Der Gipfel hat seinen Preis: Der Bund rechnet mit bis zu 15 Millionen Franken, rund zehn Millionen davon für Sicherheit. Er zahlt 80 Prozent der Kosten, Nidwalden 20 Prozent.

Die Gäste und Cassis der Gastgeber

Angekündigt sind rund 90 Staaten und Organisationen. Vor Ort dabei sind unter anderem: Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski, US-Vizepräsidentin Kamala Harris, Deutschlands Bundeskanzler Olaf Scholz, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und EU-Kommissions-Präsidentin Ursula von der Leyen.

Wolodimir Selenski und Bundespräsidentin Viola Amherd kurz vor dem WEF am 15.Januar 2024 in Bern.
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Gastgeber der Konferenz ist Aussenminister Ignazio Cassis.

Bundesrat Ignazio Cassis, Aussenminister und oberster Diplomat der Schweiz, ist der Gastgeber des Friedens-Gipfels.
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Wer fehlt an der Friedens-Konferenz?

Russlands Präsident Wladimir Putin kommt nicht, liess gegenüber Aussenminister Cassis bei einem Besuch sein Desinteresse erklären und wurde deshalb offiziell auch nicht eingeladen. Doch auch die Ukraine wollte Russland zum Auftakt nicht dabei haben. China und Brasilien werden ebenso fehlen, zumindest mit Regierungsvertretern. Bei Indien hofft die Schweiz noch auf die Teilnahme des Aussenministers oder eines Ministers.

Bringt der Friedensgipfel Frieden in die Ukraine?

Aussenminister Ignazio Cassis dämpft im Vorfeld des Friedensgipfels die Erwartungen: «Es gibt nichts Unsichereres als eine Friedenskonferenz», sagte er am Montag vor den Medien. Es geht im Wesentlichen darum, einen Friedensprozess für die Ukraine anzustossen, die im Februar 2022 von Russland überfallen wurde und mit Russland seit 2014 in einem bewaffneten Konflikt steckt.

Wie häufig gehen einem dauerhaften Frieden Gespräche, Konferenzen und Verhandlungen voraus. Die Bürgenstock-Konferenz bezeichnet Cassis diesbezüglich als «Stunde Null».

Der Samstag

Tag 1: Die Anreise von Selenski, Macron und von der Leyen

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Friedens-Gipfels auf dem Bürgenstock reisen aus vielen Ländern an. Die Vertreterinnen und Vertreter der wichtigsten sieben Industrieländer kommen aus Italien eingeflogen, wo sie sich in den Tagen davor getroffen haben.

Der Trip auf den Bürgenstock führt vom Flughafen Kloten mit dem Militärhelikopterzum improvisierten Flugplatz Obbürgenin Nidwalden. Von dort gehts in Fahrzeugen die wenigen Hundert Meter zum Gebäudekomplex des Bürgenstocks hinauf und dort in eine Tiefgarage.

Ein Helikopter der Schweizer Armee landet auf dem für den Gipfel gebauten Platz in Obbürgen. Im Hintergrund der Bürgenstock-Komplex.
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Tag 1: Das Start-Programm

14:00 Uhr: Der Ukraine-Gipfel startet inoffiziell mit Stellungnahmen.

Bis 16:30 Uhr: Ankunft der Gäste aus Nah und Fern.

16:30 bis 17:30 Uhr: Offizielle Willkommenszeremonie. Es sprechen Bundespräsidentin Viola Amherd und Präsident Wolodimir Selenski.

17:30 bis 19:00 Uhr: Eröffnungs-Stellungnahmen.

Der Sonntag

Tag 2: Das Programm am Tag der Entscheidung

Vormittag: Themensitzungen zu Lebensmittelsicherheit, nukleare Sicherheit und humanitäre Aspekte.

12:30 Uhr: Schluss-Stellungnahmen.

16:00 bis 17:00 Uhr: Abschliessende Medienkonferenz.

Tag 2: Drei Themen für den Frieden zum Start

Im Rahmen des Friedensgipfels werden am Sonntag drei Themensitzungen abgehalten. Es geht um:

Lebensmittelsicherheit: Es geht nicht nur um die Ukraine selbst, sondern um Produktion und Export deren landwirtschaftlicher Produkte in Kriegszeiten. Durch Versorgungsengpässe und steigende Preise sind viele Länder und Menschen betroffen.

Nukleare Sicherheit und Sicherung: Die Atomanlagen in der Ukraine müssen geschützt werden.

Humanitäre Aspekte: Personen müssen gemäss humanitärem Völkerrecht geschützt werden. Darunter fallen Zivilisten, Gefangene oder Internierte.

Diese Punkte sind gut gewählt, denn auch Russland dürfte ein Interesse an Lösungen zu diesen Themen haben. Es sind die Ansatzpunkte, wo Russland in einem nächsten Schritt in den Friedensprozess eingebunden werden könnte. Ein Rückzug Russlands aus der Ukraine, ein Kriegsgericht gegen Putin und andere Forderungen aus Selenskis Friedensformel von Ende 2022 stehen auf dem Bürgenstock nicht zur Diskussion.

Tag 2: Das Ziel ist eine gemeinsame Schlusserklärung

Die Schweiz strebt eine Schlusserklärung an, die im besten Falle von allen Teilnehmenden unterschrieben wird.

Der Inhalt ist eigentlich geheim. Die amerikanische Nachrichtenagentur Bloomberg will aber Einblick in ein Dokument gehabt haben. Und Russland gab an, im Besitz der Schlusserklärung zu sein. Wobei nicht klar ist, wie viel Propaganda zwecks Diskreditierung des Gipfels im Vorgehen Russlands steckt. Das Schweizer Aussendepartement kommentierte dies nicht.

Eine solche Schlusserklärung bleibt das grosse Ziel. Ob dies gelingen wird, ist gemäss Aussenminister Cassis und Bundespräsidentin Amherd völlig offen. Die angestrengte Erklärung ist bei den Teilnehmenden bereits in der Vernehmlassung, es wird gefeilscht. Da geht es um Details – in Erinnerung ist die Schlusserklärung zum Klimagipfel in Dubai vom letzten Dezember, wo buchstäblich bis zur letzten Minute hart verhandelt wurde.

Für die Schweiz ist bei diesen Vorgesprächen Botschafter Gabriel Lüchinger federführend. Seine Partnerinnen und Partner sind Sicherheitsberatende einzelner Länder und hochrangige Diplomatinnen und Diplomaten.

Gabriel Lüchinger, Leiter Taskforce Konferenz zum Frieden in der Ukraine und Chef der Abteilung Internationale Sicherheit beim Aussendepartement.
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Scheitert ein gemeinsames diplomatisches Dokument der Gipfelteilnehmenden, dann kann die Schweiz eine präsidiale Erklärung, quasi als Zusammenfassung der Konferenz vorlegen. Deren Wirkung wäre ungleich kleiner.

Ein grosser Erfolg wäre, wenn die Schweiz auf eine Folgekonferenz als Resultat des Bürgenstock-Gipfels verweisen könnte. Es wird davon ausgegangen, dass eine solche nicht mehr in der Schweiz oder einem anderen westlichen Staat stattfinden würde. Alle Anzeichen deuten auf Saudi-Arabien hin.