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Student reicht beim Obergericht Beschwerde ein – weil er durch Rechtsprüfungen gefallen ist

Ein angehender Lehrer warf der Pädagogischen Hochschule vor, ein Examensprotokoll nachträglich angepasst zu haben und forderte eine Entschädigung.

Etwas ironisch mutet es schon an, dass es sich bei den Prüfungen, gegen die der Student rechtlich vorging, ausgerechnet um welche im Bereich Recht handelt. Bei den Abschlussexamen der Module Individuelle Arbeitsleistung Fachdidaktik Wirtschaft und Recht 1 und 2 erhielt der angehende Lehrer jeweils die Note 3.

Somit bestand er diese zwei Pflichtmodule nicht und muss sie wiederholen, wofür er von der zurFachhochschule Nordwestschweiz (FHNW)gehörenden Pädagogischen Hochschule (PH), die Standorte in Brugg-Windisch, Solothurn SO und Muttenz BL hat, eine Entschädigung verlangte. In erster Linie wollte er aber mit seiner Beschwerde erreichen, dass die Prüfungen annulliert werden und er sie noch einmal ablegen kann.

Panne bei Vorbereitung zur mündlichen Prüfung

Nachdem der Mann mit seinen Anliegen sowohl beim Direktor der PH als auch bei der Beschwerdekommission der FHNW abgeblitzt war, zog er sie weiter ans Verwaltungsgericht, welches eine Abteilung des Obergerichts ist.

Der Student, der das erste Semester im Rahmen eines Mobilitätsaufenthalts an einer Universität in Oldenburg (D) verbracht hatte, erklärte, die Dozentin besagter Module habe ihm nicht die erforderliche Unterstützung zukommen lassen. In einem E-Mail bestätige die Studiengangsleitung dies. Ausserdem verletze es das Prinzip der Rechtsgleichheit, dass bei der Bewertung der Module keine Rücksicht auf seinen Auslandsaufenthalt genommen worden sei.

Ferner sei ihm bei der 30-minütigen Vorbereitungszeit zu einer mündlichen Prüfung zunächst ein Buch nicht zur Verfügung gestanden. Zudem hege er «erhebliche Zweifel an der Objektivität des Prüfungsprozesses», etwa weil das Protokoll der mündlichen Prüfung nachträglich angepasst worden sei.

Keinen Anspruch auf besondere Rücksichtnahme

Auf die Forderung nach einer Entschädigung trat das Verwaltungsgericht nicht ein, da es im Beschwerdeverfahren nicht über Schadenersatzforderungen befinden darf. In den übrigen Punkten wurde die Beschwerde abgewiesen. Der Beschwerdeführer muss die verwaltungsgerichtlichen Kosten von insgesamt 2215 Franken tragen.

Wie das Verwaltungsgericht schreibt, sei für das erste und zweite Semester an der PH ein sogenanntes Learning Agreement geschlossen worden. «Damit wusste der Beschwerdeführer vor seinem Studienantritt in Oldenburg und insbesondere vor den umstrittenen Prüfungen, dass er in den Fächern Individuelle Arbeitsleistung Fachdidaktik Wirtschaft und Recht 1 und 2 eine Prüfung ablegen musste.»

Der Student hatte das erste Semester an einer Universität in Oldenburg verbracht.
Symbolbild: Keystone

Im Mail, auf das der Student verwies, sei nicht ersichtlich, dass die Studiengangsleitung einräume, die Dozentin unterstütze den Studenten nicht ausreichend. Vielmehr zeige es, dass dem Beschwerdeführer schon lange vor den Prüfungen mitgeteilt wurde, dass er sich die erforderlichen Kenntnisse – unabhängig vom Mobilitätsaufenthalt – selbst erarbeiten muss.

Einen Anspruch, dass bei der Bewertung der Module Individuelle Arbeitsleistung Fachdidaktik Wirtschaft und Recht 1 und 2 Rücksicht auf den Mobilitätsaufenthalt genommen wird, gibt es gemäss Verwaltungsgericht nicht.

Protokoll der Verständlichkeit wegen angepasst

Unbestritten ist, dass der Mann ein Buch bei der Vorbereitung zur mündlichen Prüfung ein wenig verspätet erhielt. Allerdings hätte er gemäss Verwaltungsgericht wahrscheinlich sowieso nicht sofort zur Literatur gegriffen, sondern erst die Examensaufgabe studiert und sich einen Überblick über die Fragestellung verschafft. Somit könne nicht davon ausgegangen werden, dass ihm ein nennenswerter Nachteil entstanden sei.

An den mündlichen Prüfungen sei immer noch eine dritte Person anwesend, hatte die PH zu den vom Studenten geäusserten Zweifeln an der Objektivität des Prüfungsprozesses erklärt. Die Protokolle würden im Fachjargon verfasst. Wenn ein Student Akteneinsicht nehmen wolle, würden sie so angepasst, dass sie für jedermann verständlich seien. Inhaltlich würden sie aber nicht geändert. Diese Praxis sieht das Verwaltungsgericht als zulässig an. Anhaltspunkte, dass besagtes Protokoll inhaltlich verfälscht worden sei, bestünden nicht.