Cargo Sous Terrain vor dem Aus? Das sagt der Aargauer Regierungsrat zu den Turbulenzen beim Projekt
Unterirdische Tunnel für den Warentransport, oberirdische «Hubs» für die Warenverteilung: Dass es beim Milliardenprojekt von Cargo Sous Terrain (CST) drunter und drüber geht, liegt in der Natur der Sache. Wie«Blick»und«Inside Paradeplatz»aber kürzlich berichteten, ist das derzeit vor allem beim beteiligten Personal der Fall. Während das Finanznewsportal schrieb, dass man bei CST die «halbe Mannschaft» (20 Leute) entlassen habe, bestätigte eine Sprecherin dem «Blick» gegenüber zumindest eine Zahl im «einstelligen Bereich».
Damit nicht genug: Gemäss der Sprecherin sei bei CST auch die Geschäftsleitung aufgelöst worden. Weiter ist Peter Sutterlüti als CEO zurückgetreten. Wie CST auf der eigenen Website schreibt, verbleibt er als einfacher Verwaltungsrat im Unternehmen. Stefan Schraner als bisheriger Leiter Businessplan und Projektcontrolling übernimmt als CEO ad interim, einen definitiven Nachfolger gibt es aber noch nicht. Klar ist auch, dass der ambitionierte Zeitplan nicht mehr eingehalten werden kann: 2031 hätte das erste Teilstück der Güter-U-Bahn zwischen Härkingen und Zürich in Betrieb gehen sollen. Daraus wird nun nichts.
Grund für diese Turbulenzen ist unter anderem das Feedback aus der nun beendeten, öffentlichen Anhörung zum Projekt. «Insbesondere die in Teilen kritischen Stellungnahmen des Kantons und der Stadt Zürich erfordern eine gezielte Weiterentwicklung des heutigen Planungsstands und des Dialoges mit den politischen Behörden», schreibt CST. Nicht explizit erwähnt wird dort der Aargau,der mit drei Hubs und zwei sogenannten «Zwischenangriffen» (Tunnelbaustellen) ebenfalls betroffen ist.
Zustimmung mit etlichen Vorbehalten
Im Rahmen der öffentlichen Anhörung gab auch der Kanton Aargau nun seine Stellungnahme zum Sachplan Unterirdischer Gütertransport ab. «Der Regierungsrat begrüsst die private Initiative von CST, mit einem komplementären, unterirdischen Güterverkehrssystem einen nachhaltigen Beitrag zur Bewältigung des wachsenden Güterverkehrs leisten zu wollen», heisst es in der entsprechenden Mitteilung.
Der Regierungsrat äussert aber mehrere Vorbehalte an dem Megaprojekt. Er gibt etwa zu bedenken, dass die Planungskorridore für die Güter-U-Bahn teilweise in Konflikt mit den Eignungsgebieten für Erdwärmenutzungen stehen: «Aus Sicht des Regierungsrats darf kein unverhältnismässiger Eingriff in die Ausübung der Grundeigentumsrechte entstehen». Gerade vor dem Hintergrund der Energiestrategie 2050 soll die Realisierung von Erdwärmenutzung «nicht unnötig eingeschränkt werden».
Weiter bemängelt der Regierungsrat, dass CST nur für die Hubs in Zürich ein City-Logistik-Konzept vorgelegt habe. Da aber auch die geplanten Haupt-Hubs im Aargau (Spreitenbach, Schafisheim, Suhr) eine wichtige Verteilfunktion übernehmen, erwartet man von CST dafür ebenfalls detaillierte Konzepte.
Zudem werde im Konzeptteil des Sachplans für einzelne Projektteile postuliert, dass die Kosten für die Planung und die Realisierung der lokalen Erschliessung auf Strasse und Schiene nach den Vorteilen auf die Betroffenen verteilt werden. Laut Regierungsrat stehe das aber im Widerspruch zum kantonalen Baugesetz, wonach für Anlagen des Strassenverkehrs das Verursacherprinzip anzuwenden sei. Infolge Mehrverkehr auf den Zufahrtsstrassen zu den Hubs ist mit Anpassungen der Infrastruktur zu rechnen. Verursacher ist in diesem Fall CST, schreibt die Regierung in ihrer Stellungnahme.
Politik reagiert auf Turbulenzen bei CST
Die aktuellen Turbulenzen bei CST hätten für den Kanton derweil «keine Auswirkungen», wie das Departement Bau, Verkehr und Umwelt auf Anfrage mitteilt: «Der Kanton ist weder Projektpartner von CST noch finanziell daran beteiligt.» Im Rahmen des Sachplanverfahrens habe man zu den Bereichen Raumplanung und Mobilität eine rein fachliche Stellungnahme abgegeben. «Zu unternehmerischen Fragen im Zusammenhang mit Cargo Sous Terrain nimmt der Regierungsrat nicht Stellung», so die Kommunikationsstelle des Kantons.
SVP-Grossrat Stefan Giezendanner sieht sich derweil in seiner Skepsis gegenüber dem Grossprojekt bestätigt. Am Dienstag reichte der Transportunternehmer einen Fragenkatalog zuhanden des Regierungsrats ein. «Es scheint, dass die Realisten am Schluss wieder Recht behalten und der grosse ‹Luftballon CST› platzen wird», schreibt Giezendanner in seinem Vorstoss.
Er möchte nun Klarheit darüber, «auf welchen Kosten der Kanton Aargau sitzen wird». Wie hoch waren die Planungskosten auf kantonaler Ebene? Wie sieht die Eventualplanung aus, wenn CST vor Baubeginn oder nach dem Start der Bohrungen bankrott geht? Und wer würde einen allfälligen Rückbau bezahlen? Die Antworten darauf müssen noch bis nach den Sommerferien warten.