12. Juli 1904: «Das Wetter hielt sich trefflich»
«Das Zofinger Kinderfest hat gestern in den gewohnten Rahmen das alte, herzliche Leben in unsere Stadt gebracht, wie man es sich in Zofingen seit alters an diesem Tag gewohnt ist. Nachdem die weckenden Wirbel und Klänge der Tagwache verhallt waren, sammelten sich unter den Augen besorgter Lehrer und Eltern auf dem malerischen Schulhausplatz Jugend und Behörden zum festlichen Zug in die Kirche. Auch aus der Ferne war manch Einer, der auch schon dabeigewesen, zu dem Tag erschienen. Und eine zahlreiche Menge stand hinter den Spalier bildenden Kadetten zu den Seiten des Zuges, um das wechselvolle Bild der jugendlichen Reihen mit den schimmernden Mädchen, den selbstbewussten Buben und den stolzen Kadettengruppen an sich vorüberziehen zu lassen. Der Anblick der sorgenfreien, glücklichen Gesichter der geschmückten Jugend hat manchem alten Herzen wohlgetan. Im bunten Zug hat man jedoch männiglich die Teilnahme des Zofinger Damenflors vermisst, der sonst nie gefehlt hat und dem Ganzen gewiss zur Zierde gereicht wäre. Hoffentlich werden unsere Töchter – so hörten wir einen alten Zofinger klagen – nicht etwa so neuerungssüchtig werden, dass sie von diesem schönen Herkommen jemals lassen könnten!
In der kirchlichen Feier brachte die Schuljugend einige recht ansprechende Weisen keck und gut zum Vortrag. Ausserdem trugen auch der Gesangverein und der Männergesangverein durch zwei passende Liedervorträge zur Verschönerung des kirchlichen Aktes bei. Den Mittelpunkt der Morgenfeier bildete eine knappe aber dafür umso gedankenreichere Ansprache des Hrn. Dr. Jenny, der wir morgen vollen Raum gewähren wollen. [(siehe Bild am Ende des Textes)]
Am Nachmittag zogen die jungen Krieger beizeiten nach dem Kampfplatz ihrer Taten aus. In der Mulde zwischen Heiternplatz und dem Walde entspann sich der geräuschvolle, aber unblutige Kampf. Dem Schlachtenbild verliehen die sehr malerisch kostümierten Freischaren unter ihrem schneidigen Kommandanten ein originelles Gepräge. Doch mussten sie der Uebermacht der siegenden Kadettenschar schliesslich weichen, ihre Feste ging im Feuer auf. Die fremden Offiziere folgten dem Gang der Schlacht mit sichtlichem Verständnis und hoher Zufriedenheit. Die Freischarenmusik trug in ihren originellen Kostümen viel zur Belebung des muntern Korps bei.
Unter den klassischen Linden des Heiternplatzes entwickelte sich hierauf das gewohnte frohe Festleben bei Trunk und Tanz. Wie immer bildeten hier die fein komponierten Reigen, unter der Leitung der HH. Widmer und Roth, wiederum den Glanzpunkt. Das Wetter hielt sich trefflich. Abends verzogen sich die Scharen der Festteilnehmer in lichtem Zug von der höhe herab in die Stadt. Drunten wirkte im Bahnhofgarten noch lange die frohe Feststimmung nach, und mit dem Gefühl, einen vollen schönen Tag verlebt zu haben, kehrte wohl der letzte Festteilnehmer in seine Klause zurück.»