Läuft seine Zeit ab? Joe Biden denkt offenbar über Ausstieg aus dem Rennen ums Weisse Haus nach
Der amerikanische Präsident scheint der Realität ins Auge zu blicken. Im Gespräch mit einem politischen Weggefährten soll Joe Biden eingeräumt haben, dass er seine erneute Kandidatur für das Weisse Haus nicht mehr retten könne – es sei denn, er überzeugt eine skeptische Bevölkerung nach seiner desaströsen Darbietung in der TV-Debatte gegen Donald Trump von seinem Qualitäten. Dies berichtete die «New York Times» am Mittwoch, mit Verweis auf anonyme Quellen.
Die USA feiern am Donnerstag ihren Nationalfeiertag. Viele Menschen nutzen den «Independence Day», um eine Pause einzuschalten. Das öffentliche Leben wird deshalb bis am Sonntag weitgehend zum Stillstand kommen. Biden will das lange Wochenende nutzen, um in den politisch umkämpften Bundesstaaten Wisconsin und Pennsylvania Wahlkampf zu machen. Auch stellt sich der Demokrat am Freitag den Fragen des Fernsehjournalisten George Stephanopoulos. Der ehemalige Berater von Präsident Bill Clinton arbeitet für den TV-Sender ABC – im Gegensatz zur «Times» ein bevorzugtes Medium des Weissen Hauses.
Heftiges Dementi des Weissen Hauses: «Absolut falsch»
Die «Times» zitierte den Biden-Verbündeten mit den Worten: «Er weiss, wenn er zwei weitere solche Events hat, dann ist alles anders.» Diese Aussage sei eine Anspielung auf die Aussetzer, die Biden vorige Woche während der Debatte gegen Trump hatte, heisst es weiter.
Der Verbündete des Präsidenten wird im Artikel nicht namentlich genannt. In Washington sickerte aber durch, dass sich Biden in den vergangenen Tagen nur bei wenigen Parteifreunden direkt gemeldet habe. Einer der Gesprächspartner war Chris Coons, Senator aus dem Heimatstaat Bidens und langjähriger Freund des Präsidenten.
Das Weisse Haus dementierte den Artikel der «New York Times» umgehend. Die Behauptung, das Biden in privaten Gesprächen über einen Rückzug nachdenke, sei «absolut falsch», sagte Andrew Bates, ein Sprecher von Präsident Biden.
Biden selbst sagte später, während eines kurzen Gesprächs mit Wahlkampf-Helfern: «Ich kandidiere», weil er der Anführer der Demokratischen Partei sei. Niemand versuche, ihn aus dem Rennen zu werfen. Und er werde nicht aufgeben. Er bleibe bis zum Schluss in diesem Rennen und die Demokraten würden gegen Trump gewinnen.
Solche Dementis können, auch und gerade im Washingtoner Politbetrieb, eine kurze Halbwertszeit haben. Tatsache ist, dass Biden unter Druck steht und seine Parteifreunde ihre Nervosität nicht mehr verbergen können. Hinzu kommt: Am Montag werden in der Hauptstadt Senat und Repräsentantenhaus wieder ihre Arbeit aufnehmen. Bis dann muss Biden unter Beweis stellen, dass die Gerüchte über sein Gesundheitszustand, der sich angeblich in den vergangenen Monaten stark verschlechtert habe, nicht der Wahrheit entsprechen. Sonst wird sich die Zahl der Abgeordneten, die Bidens Rückzug fordert, dramatisch erhöhen.
Seine Wahlkampf-Berater verbrachten die hektischen Stunden seit dem Ende der Debatte weitgehend hinter verschlossenen Türen. In einem internen Memorandum, das der Publikation «Politico» zugespielt wurde, warnten die beiden Wahlkampf-Chefinnen Jen O’Malley Dillon und Julie Chavez Rodriguez am Mittwoch vor schlechten Umfragedaten. Diese demoskopischen Erhebungen seien aber bloss «Momentaufnahmen» und vier Monate vor dem Wahltag sei damit zu rechnen, dass die Zustimmungswerte für Biden fluktuierten.