Frau badet am helllichten Tag splitterfasernackt im Dorfbrunnen – ist das erlaubt?
Bei der Hitze eine kurze Abkühlung im öffentlichen Brunnen ist mehr als verständlich. Das dachte sich wohl auch eine Frau am Sonntag in Reinach, als sie in das kühle Nass im Dorfzentrum stieg, wie das Video eines Leserreporters zeigt. Jedoch war sie dabei splitterfasernackt. Empört schrieb er, dass sie im Brunnen neben dem Schulhaus ihren Hintern waschen würde.
Meinungen gehen auseinander
Auch im Dorf kommt die Aktion nicht bei allen gut an. «Ich finde es unerhört», so eine Passantin. «Das macht man einfach nicht.» Aber Reinach sei eh aussergewöhnlich, sagt sie weiter. Eine andere findet, dass jeder selber wissen müsse, was er mache. «Für mich wäre das nichts, ich gehe lieber in den See zum Baden.» Man könne auch in den Hallwilersee, der wäre auch sehr schön, empfiehlt ein Mann gegenüber Tele M1. Ein weiterer wäscht gerade seine Hände und erklärt, dass er jahrelang Bademeister war. «Ich bin deswegen jetzt nicht erschrocken.»
Was ist erlaubt und was nicht?
Aber ist Nacktbaden im Brunnen überhaupt erlaubt? «Grundsätzlich ist reine Nacktheit in der Öffentlichkeit in Anwesenheit anderer Menschen nicht strafbar und demnach nicht verboten», sagt Rechtsanwalt André Kuhn gegenüber Tele M1. «Allerdings könnte der Tatbestand von Erregung öffentlichen Ärgernisses erfüllt sein.
Wenn die ‹guten Sitten› verletzt wurden, dann kann die Gemeinde dies in einem eigenen Reglement als strafbar erklären. Jedoch sei es schwer, eine klare Linie zu ziehen, meint Kuhn. «Sittlichkeit unterliegt einem Wandel. Was heute akzeptabel scheint, war vor hundert Jahren absolut unvorstellbar und andersrum genauso.» Seit 2009 dürfen beispielsweise Nacktwanderer und Nacktwanderinnen gebüsst werden.
In Reinach ist das Baden in Brunnen nicht erlaubt, so Gemeindeammann Julius Giger. «Gemäss des Polizeireglements der Gemeinde Reinach sind Vorführungen und Handlungen aller Art, welche Anstand oder Sitte verletzen, verboten.» Aufgrund dessen sei sowohl das Nacktbaden als auch das Baden in den Brunnen nicht erlaubt und könne mit Bussen bestraft werden. Die Strafkompetenz richte sich nach dem Gemeindegesetz. «Ich rate, eher die Badi oder den Hallwilersee für eine Erfrischung aufzusuchen» so Giger.