Fettweg-Spritze: Nirgends wird sie öfters eingesetzt als in der Schweiz
Sie heissen Ozempic, Saxenda oder Wegovy und versprechen den garantierten Abnehmerfolg. Einst entwickelt für Diabetikerinnen und Diabetiker, haben sich die Fettweg-Spritzen zum Verkaufsschlager entwickelt. Da die Medikamente den Appetit zügeln, helfen sie auch beim Abnehmen. Sie haben den dänischen Hersteller Novo Nordisk zum wertvollsten Unternehmen Europas gemacht.
Eine neue Studie zeigt nun: Obwohl Menschen hierzulande weniger oft von Fettleibigkeit betroffen sind, ist der Pro-Kopf-Konsum bei den neuen Abnehmspritzen in der Schweiz höher als in Deutschland, Kanada und den USA. Zu diesem Schluss gelangt ein Forscherteam um Kerstin Noëlle Vokinger von der Universität Zürich.
In der Studie, die in der wissenschaftlichen Zeitschrift «JAMA Internal Medicine» erschienen ist und über welche die Tamedia-Zeitungen zuerst berichteten, haben die Autoren den Verkauf unterschiedlicher Medikamente unter die Lupe genommen. Darunter sind mit Saxenda und Wegovy auch zwei bekannte Fettweg-Spritzen.
Grosse Rolle spielt die Grundversicherung
Der grösste Anstieg bei der Pro-Kopf-Behandlung sei in der Schweiz beobachtet worden, obwohl sie die «niedrigste Prävalenz von Fettleibigkeit unter diesen Ländern hat», heisst es in der Studie. Die Entwicklung der Tagesdosen pro Kopf ist eindrücklich. Ab 2020 zeigt die Kurve der Verkäufe in der Schweiz steil nach oben. Von weniger als 0,1 steigt sie bis 2023 auf über 0,4 Tagesdosen pro Kopf pro Quartal. Auch in den USA zieht der Pro-Kopf-Verbrauch bis auf unter 0,4 Tagesdosen stark an. Dagegen fällt der Zuwachs in Kanada auf 0,15 deutlich weniger stark aus. Praktisch keine Zunahme verzeichnet Deutschland.
Für die Studienautoren sind diese Unterschiede kein Zufall. Sie führen sie auf die Kosten für Patienten zurück. Während in der Schweiz die Krankenkassen die Kosten für die Abnehmspritze unter gewissen Bedingungen übernehmen, müssen die Patienten in den anderen Ländern meist selbst in die Tasche greifen. In Deutschland werden die Medikamente laut Studie als «Lifestyle-Mittel» betrachtet. In den USA und in Kanada hängt es vom individuellen Versicherungsschutz ab. Die staatlichen Programme decken keine Kosten.
Eine grosse Lücke klafft auch bei den Preisen für die Medikamente. Gemäss Studie kostet eine jährliche Behandlung mit Saxenda in der Schweiz rund 2000 Dollar, während es in den USA satte 15’700 Dollar sind.