Warum dem Bundesrat das Goldvreneli zu frivol war: Eine Ausstellung führt in die Geheimnisse des Edelmetalls ein
Gold fasziniert die Menschheit seit Jahrtausenden. Das Edelmetall ist Symbol für Reinheit und Schönheit. Es steht für Erfolg, Reichtum und Beständigkeit, weckt aber auch Masslosigkeit, Gier und Neid. In der von Marion Steiner geschaffenen und vom Verein Pro Kaiserstuhl organisierten Ausstellung «Gold im Turm» im Oberen Turm Kaiserstuhl dreht sich alles um den Stoff, aus dem die Träume sind, und der Fluch und Segen zugleich ist.
Die ehemalige Kostümbildnerin hat dafür 20 lebensgrosse allegorische Skulpturen und 60 Skizzen und Entwürfe kreiert, in denen alle Facetten des Materials ausgereizt werden. «Gold lauert überall. Das Thema ist unerschöpflich», sagt sie dazu.
Im Eingangsbereich hat Steiner das Buch ihrer Mutter mit dem Titel «So isch es gsi» aufgelegt. Diese lebte längere Zeit in Kaiserstuhl, sammelte historische Fotos der kleinsten Stadt der Schweiz und schrieb dazu Geschichten auf. Tochter Marion verbrachte zwei Jahre im beschaulichen Örtchen, bevor es sie zu Ausbildungszwecken in die Grossstadt zog.
Ein Kleid aus lauter Banknoten
An der Skulptur des Brückenheiligen Nepomuk geht es im Kaiserstuhler Wahrzeichen vorbei und steil die Treppen hoch. Der Aufstieg wird belohnt mit Blicken auf fantasievoll ausgestattete Figuren und Figurinen, die als stumme Zeugen für die verschiedenen Bedeutungen des Goldes dastehen und eine wahre Augenweide sind.
Der 1. Stock ist vor allem der griechischen Mythologie gewidmet. Immer wieder sind schneckenförmig eingedrehte Widderhörner zu entdecken. Sie deuten auf das «Goldene Vlies» hin; der Legende nach wurde es aus der Haut des goldenen Widders gewonnen, der sowohl fliegen als auch sprechen konnte. Auf der 2. Etage kommt die Sagen- und Märchenwelt zum Tragen. So ist ein prächtiges Prinzenkostüm zu sehen. Und ein Krinolinenkleid aus lauter fotokopierten Banknoten, das auf einen Lottogewinn hindeuten soll.
Humor ist neben dem Symbolgehalt ein wichtiger Bestandteil der Ausstellung, die keinen Anspruch auf historische Korrektheit oder Chronologie erhebt. Eine Treppe weiter hoch dreht sich alles um den Glanz des Werkstoffes Gold. Besucherinnen und Besucher begegnen dem Goldvreneli.
Materialien in Brockenstuben gekauft
Wer geführt durch die Ausstellung geht, erfährt von Steiner spannende Details zur Entstehung der bekanntesten Schweizer Münze, die mehrerer Korrekturen bedurfte, weil die ersten Versionen dem Bundesrat zu frivol waren. Auch andere spannende Details hat die lebhafte Frau auf Lager. Beispielsweise, dass der älteste Goldfisch 45 wurde und Fred hiess.
Das 4. Stockwerk ist der dunklen Seite des Edelmetalls gewidmet und bringt die Begierde nach Besitz und Macht zum Ausdruck, die seit Menschengedenken zu Kriegen und Ausbeutung führt. Wer die oberste Etage erklimmt, befindet sich sozusagen im Himmel und begegnet einem schier atemberaubenden schwarz-goldenen Engelswesen. Und dem wie ein Brautkleid anmutenden filigranen Gebilde aus mit Goldfarbe besprühten Blättern, das zum dort domizilierten Standesamt passt.
Sowohl die Zeichnungsentwürfe an allen Wänden als auch die thematisch eingehüllten Schneiderpuppen zeugen von Steiners Können. Und vor allem von ihrer Kreativität. Die Materialien, die so kostbar wirken, hat sie teilweise in Brockenhäusern oder in 1-Euro-Läden zusammengekauft; und dann aus Tortenpapier, alter Spitze und anderen Utensilien mit viel Handarbeit prächtige Gewänder hergestellt, die oft nur mit ein paar Stecknadeln oder Bostitch zusammengeheftet sind. Der Schein trügt, und oft ist eben nicht alles Gold, was glänzt.
«Gold im Turm» im Oberen Turm Kaiserstuhl noch bis zum 20. Oktober. Sa/Sojeweilsvon 14 bis 17 Uhr. Führungen mit Marion Steiner jeden 2. Sonntag im Monat um 15 Uhr (nächstes Datum: 11. August).