Braucht es bald eine Baubewilligung für Bühnen, Festzelte, Wurststände und Toi-Toi-WC?
Es war eine ziemliche Schlammschlacht, das Argovia Beizlifäscht auf dem Birrfeld: Trotz des Regens feierten am 22. Juni rund 2100 Besucherinnen und Besucher eine ausgelassene Party. Ein offener Platz in der Mitte, dazu eine Rock-Bühne, ein Ballermann- und ein 90s-Partyzelt, Essstände und Schiessbuden sorgten für Festatmosphäre.Veranstalter Marco Kugel zog eine positive Bilanz:«Zwar blieb die Besucherzahl hinter den Erwartungen zurück, in Anbetracht des Wetters können wir aber sehr zufrieden sein.»
Weniger glücklich war Kugel ein paar Wochen zuvor: Nach einer Beschwerde von Pro Natura und Birdlifemusste er für das Fest einen neuen Standort suchen.Der ursprüngliche Platz lag im Brutgebiet der seltenen und geschützten Feldlerche, deshalb wich der Veranstalter auf ein Feld bei Birrhard aus. Zuerst hatte er am geplanten Festival-Ort festgehalten und darauf verwiesen, das Beizlifäscht sei rund zehnmal kleiner als das frühere Argovia Fäscht.
Eintägige Anlässe: In der Regel keine Baubewilligungspflicht
Matthias Betsche reichte als Geschäftsführer von Pro Natura nicht nur eine Beschwerde, sondern als GLP-Grossrat auch einen Vorstoss zum Thema ein. Dabei ging es darum, wie die Bewilligungspraxis für solche Anlässe aussieht. Der Regierungsrat antwortete am 21. Juni, genau einen Tag vor dem Argovia Beizlifäscht. «Veranstaltungen benötigen in der Regel polizeiliche Bewilligungen nach Massgabe der jeweiligen kommunalen Reglemente», hiess es in der Antwort.
Grössere Anlässe mit erheblichen Auswirkungen auf Raum und Umwelt könnten baubewilligungspflichtig werden, ergänzte die Regierung. Die Grenze dafür sei aber nicht klar geregelt und müsse im Einzelfall auf der Basis der vom Bundesgericht entwickelten Kriterien ausgelegt werden. Bei Anlässen wie dem «Argovia Beizlifäscht», die an einem Tag oder einem Wochenende stattfinden, sei «in der Regel nicht von einer Baubewilligungspflicht auszugehen».
Grossratsmitglieder verlangen klare Richtlinien
Dies wollen Betsche und weitere Grossratsmitglieder von GLP, Grünen, SP, EVP und Mitte mit einem weiteren politischen Vorstoss ändern. In einer Motion fordern sie den Regierungsrat auf, «die notwendigen Massnahmen oder Vorkehrungen zu treffen, damit Gesuche für Grossveranstaltungen (z. B. Argovia Fäscht) ausserhalb der Bauzone mit erheblichen Auswirkungen auf Umwelt und Umgebung amtlich publiziert werden». Wenn fruchtbares Landwirtschaftsland oder bedrohte Pflanzen und Tiere betroffen seien, solle ein Baubewilligungsverfahren durchgeführt werden.
Für sie ist klar: «Die Durchführung eines Anlasses in der Grössenordnung des Argovia Fäscht mit Tausenden von Personen und dem Aufstellen der notwendigen Anlagen, darunter Zelte, WC-Anlagen, Verpflegungsbetriebe, Parkplätze usw. hat raumwirksame Auswirkungen, so zum Beispiel auf Landwirtschaftsboden, den Schutz von bedrohten Tieren vor Ort oder von geschützten Lebensräumen.» Dies könne auch für Veranstaltungen von sehr kurzer Dauer zutreffen, wenn eine aufwendige Bodenrekultivierung nötig oder der Lebensraum der Feldlerchen gefährdet sei.