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Roman Mityukov gewinnt Olympia-Bronze und sagt nach schlafloser Nacht: «Es war schrecklich, ich bin einfach nur erleichtert»

Erst seit 2018 ist der Sohn eines Russen und einer Usbekin Schweizer. Nun sorgt Roman Mityukov über 200 Meter Rücken für die dritte Schweizer Olympia-Medaille in Paris.

Auf den allerletzten Metern denkt er an all die Opfer die er erbracht hat, an die vielen Stunden im Wasser, an die Menschen, die ihn unterstützt haben. «Das hier war mein Ziel, die Mission ist erfüllt», sagt Roman Mityukov. Der Genfer gewinnt in Paris über 200 Meter Rücken Bronze und als erst vierter Schweizer Schwimmer eine Medaille bei Olympischen Spielen.

Vor ihm war das erst Etienne Dagon 1984 in Los Angeles, sowie Jérémy Desplanches und Noè Ponti 2021 in Tokio gelungen. Auch sie waren jeweils Dritte geworden. Gold geht an den Ungar Hubert Kos, Silber an den Griechen Apostolos Christou.

Ein PerfektionistRoman Mityukov gilt als Perfektionist, der nie zufrieden ist. Sein Start? Eine Schwäche. Die Wenden? Da habe er Luft nach oben. Dazu habe er Schwierigkeiten, die Bahn zu halten, sagt er nach dem Halbfinal. Dabei war er dort die zweitschnellste Zeit aller Finalisten geschwommen. 25 bis 30 Stunden trainiert der 24-Jährige in der Woche. Er sagt: «Wenn es hart ist, denkst du, du stirbst und es geht nur noch ums nackte Überleben. Man muss diesen Sport lieben, um dieses Niveau zu erreichen.»

Schon in Tokio war Roman Mityukov Sechstert geworden. Dass er 2022 bei den Europameisterschaften in Rom gleich drei Mal Vierter geworden war, bezeichnete der 24-Jährige als «Albtraum», der ihn lange verfolgt habe. Und zugleich als Ansporn. In Paris wollte er nicht wieder ohne Medaille abreisen. 2023 gewann er WM-Bronze, 2024 in Doha Silber, Mitten in der Vorbereitung auf die Olympischen Spiele. Nur 0,10 Sekunden fehlten ihm dort zu Gold. «Ich bin nicht stolz, aber zufrieden», sagte er danach.

Eine Medaille in Paris wird zur Obsession. Im Vorlauf schwimmt er Bestzeit, dann gewinnt er seinen Halbfinal, schwimmt die zweitbeste Zeit aller Finalisten. In der Nacht vor dem Final findet Mityukov keinen Schlaf. «Es war schrecklich. Einfach schrecklich. Ich konnte nur noch an dieses eine Rennen denken. Daran, wie es sein würde, wieder nur Vierter zu werden. Oder eine Medaille zu gewinnen.» Am Ende will er nur noch schwimmen, «damit es vorbei ist». Es sei nicht der beste Tag seines Lebens, aber der beste Abend, das schon.

Danach gefragt, wie er sich nun fühle, jetzt, da der grosse Traum in Erfüllung gegangen ist, sagt er: «Erleichtert. Einfach nur erleichtert.» Und ja, «auch stolz. Ich bin sehr stolz auf mich.» Das sind ungewohnt joviale Worte für einen, der von sich selbst sagt, er sei «unglaublich hart» zu sich selbst. Im Schwimmen gebe es keine Geheimrezepte, keine Magie. «Es ist harte Arbeit. Unbedingter Wille, besser zu werden.» Die Trainings seien schrecklich gewesen. «Aber ich wusste, warum ich es mache.» Für eine Medaille.

Wie es sein Name verrät, hat Roman Mityukov russische Wurzeln. Der Vater ist Russe, die Mutter Usbeken. Kennengelernt hatten sie sich an einer Universität in der Ukraine. Vor 35 Jahren emigrierten sie nach Genf. Erst 2018 erhält Mityukov den Schweizer Pass. Mit fünf Jahren schwimmt er zum ersten Mal, mit knapp neun bestreitet er sein erstes Rennen. Gegen die Leichtathletik und fürs Schwimmen entscheidet er sich nur, weil er dort mehr Freunde hat. Auch seine jüngere Schwester und sein älterer Bruder betrieben den Sport.

Mit Wasser macht Mityukov nicht nur gute Erfahrungen. Sein Bruder Anton verletzt sich bei einem Sprung in den Genfersee schwer. Zwar ist er nicht vollständig gelähmt, kann Auto fahren und ein wenig gehen, sitzt aber seither im Rollstuhl. «Heute sagt er, dass er glücklicher sei als vor dem Unfall», erzählte Mityukov der Zeitschrift «L’Illustré». «Er hätte aufgeben können, doch er hat sein Leben in die Hände genommen.» Anton, der Rollstuhl-Rugby spielt, sei eine Inspiration für ihn. Und ja: «Ich bin sehr stolz auf ihn.»

Auch im Olympia-Final, dem Rennen, auf das er sein Leben seit Jahren ausgerichtet hatte, schwimmt er, wie er das zuletzt immer tat. Und auch so so, wie er als Mensch ist. Sich nicht in den Vordergrund stellen, zurückhaltend, bescheiden, vielleicht auch etwas knorrig. Bei der ersten Wende ist er Sechster, bei der zweiten Vierter, bei der letzten nur Fünfter. Erst dann, als es zählt, liegt Mityukov im dritten Rang: im Ziel. 0,53 Sekunden vor dem vierten Rang, den sie in der Romandie «Medaille Chocolat» nennen.

Viele Schweizer Schwimmer suchten ihr Glück im Ausland, zogen wie Noè Ponti in die USA. Auch um Mityukov bemühten sich Universitäten. Doch für ihn kam es nie in Frage, den Schoss der Familie zu verlassen. Seit seiner Kindheit lebt und trainiert er in Genf. Er sagt: «Es bringt nichts, ins Ausland zu gehen, wenn man hier alles hat, um Erfolg zu haben.» Hier würden seine Familie und seine Freunde leben. Und so lange er sich verbessere, gebe es keinen Grund, das zu hinterfragen. Am Donnerstag, 1. August 2024, am Schweizer Nationalfeiertag, zeigt Roman Mityukov, wie richtig er damit lag.

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