Hände auf Herdplatten gedrückt, Chilis in den Mund gesteckt: Vater quälte jahrelang seine Töchter
Ein im Aargau wohnhafter Türke wird von seinen drei Töchtern beschuldigt, ihre körperliche und seelische Entwicklung gefährdet zu haben. Im Strafbefehl, der kürzlich rechtskräftig wurde, wird detailliert beschrieben, was er ihnen angetan hat. So habe der Beschuldigte mehrfach eine Herdplatte angeschaltet und danach die Handflächen der Kinder darauf gedrückt.
Weiter wirft ihm die Staatsanwaltschaft vor, dass zwei seiner Töchter ihre Hände unter heisses Wasser aus dem Wasserhahn halten mussten. Zudem erhitzte er ein Messer in kochendem Wasser. «Hernach wickelte er den Griff des Messers mit einem Tuch ein, damit er dieses halten konnte und drückte die heisse Klinge auf die Handflächen und die Arme aller drei Mädchen», heisst es im Strafbefehl.
Der Mann hat seine Töchter auch mit roten Chilis gequält: Er schnitt diese auf und drückte mit seiner Hand beidseitig gegen die Wangen der Mädchen, sodass diese ihren Mund öffnen mussten. Dann steckte er ihnen die scharfen Schoten in den Mund oder strich sie über ihre Lippen.
Ausserdem schlug der Beschuldigte seine drei Kinder mit Stöcken, Ästen und Zweigen, die er jeweils eigens dafür abgeschnitten hatte. Mehrmals hintereinander malträtierte er so Hände, Arme, den gesamten Oberkörper sowie die Füsse und Beine seiner drei Töchter. Manchmal schlug er die Mädchen auch gegen den Kopf, verwendete einen Gürtel, eine Fliegenklatsche oder Schuhe.
Die Schläge hörten auf, als die Tochter eingeschult wurde
Die Taten liegen teilweise weit zurück. Insbesondere, was er der ältesten Tochter angetan haben soll, ist teilweise verjährt. Er hat damit aufgehört, als sie eingeschult wurde. Mittlerweile ist sie volljährig und hat, zusammen mit ihren Geschwistern, entschieden, den Vater anzuzeigen.
Anfang September 2022 war es zum bisher letzten Vorfall gekommen. Der Mann schlug seine älteste Tochter mehrmals, packte ihren rechten Arm und drehte ihn ihr auf den Rücken, um sie so gegen die Wand zu drücken.
Ebenfalls an diesem Tag kam es zu einem verbalen Disput. Der Vater äusserte im Streit gegenüber seinen Kindern, dass er sich umbringen werde. Um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, riss er sein Hemd auf, zerriss das Unterhemd, nahm aus der Küche ein Messer und hielt es sich an den Bauch. Die drei Kinder begannen zu schreien, eine seiner Töchter flehte ihn an, sich nicht zu verletzen.
Strafmass bestimmt, ob es zur Gerichtsverhandlung kommt
Doch warum kommt es im vorliegenden Fall von mehrfacher Verletzung der Fürsorge- oder Erziehungspflicht nicht zu einer Gerichtsverhandlung? Adrian Schuler, Mediensprecher der Staatsanwaltschaft, erklärt: «Grundsätzlich bestimmt das Strafmass, ob es zur Anklage kommt. Wenn für die im Raum stehenden Umstände ein Strafmass von bis zu 180 Tagessätzen vorgesehen ist, ist ein Strafbefehl auszustellen.»
Ein Strafmass über 180 Tagessätze werde angeklagt, respektive der gerichtlichen Beurteilung überlassen. «Jeder Strafbefehl stellt einen Urteilsvorschlag dar und kann mit einer Einsprache an das zuständige Gericht weitergezogen werden», hält er fest. Im vorliegenden Fall hätten jene Vorwürfe, die nicht verjährt sind und als erwiesen erachtet werden konnten, zu einem Strafmass geführt, das mit einem Strafbefehl behandelt wird.
Welche Probleme stellen sich den Strafverfolgungsbehörden, wenn sich Opfer Jahre nach einer Tat entscheiden, Anzeige einzureichen? «Natürlich werden Anzeigeerstatter ernst genommen, und die Anzeige kann aufgegeben werden, selbst wenn eine mögliche Verjährung im Raum steht», stellt Schuler klar. Die genaue Prüfung der Situation und der zeitlichen Abläufe erfolge während der Untersuchung.
«Eine verjährte Tat kann zwar nicht bestraft werden, gerade im Kontext von häuslicher Gewalt stellt sich aber auch die Frage, wie die Situation danach und bis zum Zeitpunkt der Anzeige aussieht.» Die Anzeige einer geschädigten Person bei der Polizei könne dann beispielsweise auch den Einbezug weiterer Behörden oder Gewaltschutzmassnahmen zur Folge haben, sagt Schuler.
Zeitlicher Abstand führt zu Problemen
Die Strafverfolgungsbehörden stünden vor gewissen Problemen in der Fallbearbeitung und der Beweisführung, wenn die im Raum stehenden Delikte Jahre zurückliegen, aber auch, wenn sich die Aussagen der Beteiligten dabei unterscheiden, erklärt Schuler. «In der vorliegenden Situation konnte zwar klargestellt werden, dass es zu Vorfällen gekommen sein muss, deren Ausführungen und Auswirkungen wurden aber unterschiedlich dargestellt.»
Ähnlich verhalte es sich in Fällen häuslicher Gewalt in Partnerschaften. «Vieraugendelikte innerhalb einer Beziehung mit unterschiedlichen Aussagen, die erst spät zur Anzeige gebracht werden, sind schwerer zu beweisen als beispielsweise Fälle mit Blessuren und Verletzungen, die kurz nach dem Ereignis durch die Behörden als Beweis festgehalten werden können.»
Der Mann hat den Strafbefehl akzeptiert. Er wurde mit einer bedingten Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu 100 Franken gebüsst, abzüglich 18 Tage Untersuchungshaft. Hinzu kommen eine Busse von 2500 Franken und Strafbefehlsgebühren von 1200 Franken.