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«De Adolf fählt a allne Egge»: Aargauer Staatsanwaltschaft büsst Entgleisungen im Netz

Drei Fälle aus dem Aargau zeigen, wie die Staatsanwaltschaft gegen Diskriminierung, Hass und Drohungen im virtuellen Raum vorgeht.

Es ist kurz vor Weihnachten. Eigentlich eine besinnliche Zeit. Doch in einer kleinen Aargauer Gemeinde sitzt ein Mann vor seinem Computer und ärgert sich. Er hat auf der Website der Pendlerzeitung «20 Minuten» einen Artikel gelesen. Die Überschrift: «Bern: Schüler-Mob umzingelt Lehrerin und ruft ‹Allahu Akbar›».

Auf Facebook kommentiert der Mann den Artikel: «Unglaublich de Adolf fählt e allne Egge …». Dahinter ein lachendes Smiley. Nicht alle finden den Kommentar zum Lachen. Doch immerhin 29 Personen stimmen Michaels Kommentar mit einem «Gefällt mir» zu. Etwas später schreibt er in der Diskussion einen zweiten Kommentar: «Es hat schon etwas Wahres an meiner Aussage … Adolf». Dahinter ein zwinkernder Smiley.

Der 62-Jährige habe mit seinen Kommentaren öffentlich Personen und Gruppen, welche die islamische Glaubensgemeinschaft bilden, die Existenzberechtigung und Gleichwertigkeit abgesprochen, befindet die Staatsanwaltschaft. Dies, indem er «mit seinen Kommentaren die Aussage in den (virtuellen) Raum stellte, dass Adolf Hitler und die von ihm unter der NS-Diktatur verantwortete und angestrebte systematische Vertreibung und Ermordung von Muslimen in der heutigen Zeit fehle», heisst es in einem Strafbefehl, der kürzlich rechtskräftig wurde.

Der Beschuldigte setzte mit seinen Kommentaren bewusst Personen und Gruppen wegen ihrer Religion, konkret dem Islam, in eine gegen die Menschenwürde verstossende Weise herab, schreibt die Staatsanwaltschaft weiter. Wegen Diskriminierung und Aufruf zu Hass fällt sie eine bedingte Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu 120 Franken (7200 Franken). Der 62-Jährige muss zudem eine Busse von 1800 Franken und Strafbefehlsgebühren von 2700 Franken bezahlen.

Frau beschimpfte im Livestream zwei Männer

Auch eine Serbin hat sich im virtuellen Raum nicht zu benehmen gewusst. Auf der Plattform Tiktok wendete sie sich an einem Sonntag im Februar mit einem Livestream an die Öffentlichkeit. Über 700 Leute schauten und hörten der damals 50-Jährigen zu.

Gegenüber ihren Followern beschwerte sie sich über zwei Männer. Über den einen sagte sie, dass dessen Frau abgehauen und in ein Frauenhaus geflohen sei, es gebe in der Schweiz keinen grösseren Lügner und Dreckskerl. Zudem sei der Mann ins Puff gegangen und habe seinen Führerschein gefälscht. Weiter erzählte sie, der Mann wisse nicht einmal, wie man ein Trottinett fahre, er könne weder lesen noch schreiben und sei eifersüchtig.

Einen anderen Mann beschimpfte sie als Lügner und Nullnummer. «Die Beschuldigte wählte ihre Worte bewusst und mit dem Ziel, beide Strafkläger öffentlich zu verunglimpfen», schreibt die Staatsanwaltschaft in einem Strafbefehl. Wegen mehrfacher übler Nachrede wird die Frau mit einer bedingten Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu 120 Franken belegt (3600 Franken), es kommen eine Busse von 900 Franken, Strafbefehlsgebühren von 800 Franken und Dolmetscherkosten von 390 Franken hinzu.

Betrug und Drohung: Fast 6000 Franken Strafe

Im vergangenen Oktober haben sich zwei Männer im Internet kennengelernt – auch ihre Konversation landete bei der Staatsanwaltschaft. Der Beschuldigte hatte auf der Plattform Ricardo ein Inserat aufgeschaltet, in dem er Fussballtickets für das Champions-League-Spiel Young Boys Bern gegen Roter Stern Belgrad zum Verkauf anbot.

Die beiden telefonierten und wurden sich über den Kaufpreis einig: Sieben Tickets für 700 Franken. Der Käufer überwies den Betrag am nächsten Tag per Twint. Doch der damals 28-jährige Mann aus Wohlen, der die Tickets anbot, war gar nie in deren Besitz. Es entwickelte sich ein reger Chat-Kontakt über Whatsapp. Schliesslich überwies der Beschuldigte einen Teil des Geldes zurück: Zwei Mal 80 Franken, einmal 40 Franken. Die restlichen 500 Franken blieb er dem Mann schuldig.

Mehr noch: Der Beschuldigte drohte seinem Opfer im Chat auch mehrfach. Auf etwas holprigem Deutsch liess er sein Gegenüber wissen: «Ich wott mis chopf Geld oder din Chopf isch wegg». Und etwas später: «Du zu de Polizei. Ich zu de Polizei und bi de hells Angels.»

Der Wohler wurde wegen Betrugs und mehrfacher Drohung verurteilt. Es war wohl nicht das erste Mal, dass der Mann mit dem Gesetz in Konflikt kam, denn die Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu 80 Franken wurde unbedingt ausgesprochen. Hinzu kommen Strafbefehlsgebühren von 900 Franken, macht zusammen 5700 Franken.