Bei der Rentenreform ist die SVP im Aargau etwas uneins – trotz Votum von Martina Bircher
Die Priorität der SVP Aargau in diesem Wahljahr ist klar: Martina Bircher soll in den Regierungsrat gewählt werden und den Sitz von Alex Hürzeler für die Partei verteidigen. Ohne Wahlkampf wird dies aber kaum zu bewerkstelligen sein, wie SVP-Aargau-Präsident Andreas Glarner am Parteitag im neuen Sikinga-Festsaal in Untersiggenthal klarstellte.
«Eigentlich hätten wir uns gerne mit Mitte und FDP zusammengeschlossen. Doch seit den Ständeratswahlen scheint da noch eine Rechnung offen zu sein.» Marianne Binder wurde damals gewählt dank Stimmen von Linksgrün. Nun soll, laut Glarner, die Grünen-Kandidatin Ruth Müri die Unterstützung der Mitte erhalten.
Martina Bircher durfte sich gleich selbst ins Bild setzen und die Reform der beruflichen Vorsorge (BVG) verteidigen, über die das Volk am 22. September abstimmt. «Ich höre immer, dass ältere Menschen bei der Pensionskasse benachteiligt werden», sagte sie. Denn: je älter, desto höher sind die Lohnabzüge. «Das ist mit ein Grund, warum es für über-55-Jährige schwieriger ist, einen Job zu finden.»
Mit der Reform würden die Beitragssätze geändert: Ab 45 Jahren 14 Prozent. Heute liegen die Sätze bei 15 Prozent bis 54 und 18 Prozent ab 55 Jahre. «Das stärkt die Chancen der Älteren auf den Arbeitsmarkt», so Marina Bircher. Auch soll die Eintrittsschwelle in die Pensionskasse von 22’050 auf künftig 19’845 Franken Jahreslohn gesenkt werden. «Entsprechend können Teilzeitangestellte oder Niedrigqualifizierte eher BVG versichert werden.»
Für SP-Grossrätin Mia Jenni «eine Rentenkürzung»
Den Vortrag mit Gegenargumenten hielt am SVP-Parteitag SP-Grossrätin Mia Jenni. Eines ihrer Hauptargumente gegen die Reform ist die vorgesehene Senkung des Umwandlungssatzes von heute 6,8 auf 6 Prozent. Dies sei so vorgesehen als Anpassung an die längere Lebenserwartung, hatte Martina Bircher zuvor erklärt. Für Mia Jenni ist aber klar: «Das ist nichts anderes als eine Rentenkürzung.»
Arbeitnehmer wie Arbeitgeber müssten zudem mehr einzahlen. «Den Pensionskassen geht es gut», so Mia Jenni. Die zusätzlichen Einzahlungen seien nicht nötig. Dazu sei unklar, wer die Mehrkosten der Übergangsbestimmungen zahle. «Deshalb sind viele Wirtschaftsverbände dagegen.» Darunter etwa Coiffuresuisse oder Gastrosuisse.
Bei der Parolenfassung stimmten zwei Personen gegen und 83 für die Reform. Nicht wenige enthielten sich.
«Biodiversität ist wichtig, die Initiative aber untauglich»
Deutlicher war das Resultat gegen die Biodiversitätsinitiative: 103 zu 0. SVP-Nationalrat und Landwirt Alois Huber sagte: Biodiversität sei wichtig, die Initiative aber untauglich. Landwirte wären in ihrer Produktion beschränkt, die Ernährungssouveränität der Schweiz massiv in Gefahr, die wirtschaftlichen Ausfälle enorm. «Unsere Flächen sind in gutem Zustand, wir brauchen die Initiative nicht.»
Aus dem Publikum sagte Bio-Landwirtin Christine Waldmeier, das Problem sei die Zuwanderung: «Das Land wird verbaut und wir Bauern müssen alles ausbaden.» Grossrat und Aargauer Bauernverbandspräsiden Christoph Hagenbuch fügte hinzu: «Mer Buure möget nüm.»
Grossrätin und Landwirtin Gertrud Häseli (Grüne), hielt dagegen. «Unsere Selbstversorgung hängt davon ab, dass wir eine intakte Natur haben. Ich wünsche mir, dass wir miteinander in die Verfassung schreiben, dass Biodiversität ein Ziel ist.»