In der Mitte getroffen, um oben zu bleiben: Gallati, Attiger, Dieth und Egli starten gemeinsam in den Wahlkampf
Bäume, nichts als Bäume. Und dann ein grosser Stein. Die Mitte des Kantons Aargau ist ein unspektakulärer Ort. Er liegt in der Nähe von Niederlenz, wegen eines Fahrverbots ist er nur zu Fuss erreichbar. Neben diesem Stein hielt Markus Dieth (Mitte) einst seine 1.-August-Rede.
Es ist Mittwoch, Spätsommer, in zwei Monaten wird die Aargauer Regierung gewählt: Landammann Markus Dieth steht wieder hier, diesmal in Begleitung seiner Ratskollegen Stephan Attiger, Jean-Pierre Gallati und Landstatthalter Dieter Egli. Alle vier wollen erneut antreten, gemeinsam feiern sie den Wahlauftakt.
Im Einladungsschreiben für den Anlass steht: «Mit diesem Auftakt im Herzen des Kantons wollen wir unsere Verbundenheit mit der gesamten aargauischen Bevölkerung symbolisieren.» Im Herzen des Kantons, vor dem Stein, sagt Dieth: «Wir wollen zeigen, dass wir gut zusammengearbeitet haben und weiter zusammenarbeiten wollen.»
Abwahlen sind selten, aber sie kommen vor
Dass bisherige Regierungsräte einen gemeinsamen Wahlauftakt begehen, ist keineswegs Usus. Erst recht nicht, wenn Politiker aller Couleur involviert sind, wie es im Aargau der Fall ist.
Der Freisinnige Stephan Attiger ist der Dienstälteste der vier wiederantretenden Regierungsräte. Er wurde 2012 ins Amt gewählt. Der aktuelle Landammann Markus Dieth (Mitte) folgte vier Jahre später. Jean-Pierre Gallati ist zwar erst seit fünf Jahren in der Regierung, erlebt aber bereits seinen dritten Wahlkampf für den Regierungsrat. Volkswirtschaftsdirektor Dieter Egli (SP) ist am kürzesten im Amt: Er wurde 2020 als Nachfolger seines Parteikollegen Urs Hofmann in die Regierung gewählt. Der Fünfte im Bunde, Bildungsdirektor Alex Hürzeler (SVP), wird am 20. Oktober nicht mehr antreten.
In anderen Kantonen ist Wahlkampf die Sache der einzelnen Regierungsratsmitglieder und Parteien. Kollektiv-Werbung betreiben amtierende Regierungsräte eher selten. Manchmal kann kaum von Wahlkampf gesprochen werden. Vor allem dann, wenn Bisherige glauben, mit hoher Wahrscheinlichkeit wiedergewählt zu werden.
Abwahlen sind selten, aber sie kommen vor. Im Aargau wurde vor 15 Jahren letztmals ein Regierungsrat abgewählt. Rainer Huber (CVP) musste damals Alex Hürzeler Platz machen. Markus Dieth sagt: «Diesen Anlass machen wir nicht aus Angst, abgewählt zu werden. Wir wollen zeigen, dass wir gerne und erfolgreich miteinander arbeiten, auch wenn wir manchmal harte politische Auseinandersetzungen haben.»
Ein integrationsfähiges Quartett
Das bestätigt Jean-Pierre Gallati: «Das Kollegium funktioniert geschäftlich, politisch und menschlich. Aber zusammen in die Ferien würden wir nicht.» Er würde gerne Gesundheitsdirektor bleiben, sagt Gallati weiter, um die gesundheitspolitische Gesamtplanung umzusetzen.
Dieter Egli konstatiert: «Man ist nicht jeden Tag gleich gerne Regierungsrat.» Doch im Gremium habe er sich von Beginn weg wohl und mit Respekt behandelt gefühlt, obwohl er der einzige Linke unter Bürgerlichen ist. Ihm sei es ein besonderes Anliegen, den Wirtschaftsstandort Aargau zu stärken und das Sicherheitsgefühl der Menschen zu verbessern.
Stephan Attiger resümiert: «Wir hatten in der Vergangenheit die eine oder andere Krise, die wir gut meisterten.» Als Departementsvorsteher sei er motiviert, seine Arbeit weiterzumachen.
Vorausgesetzt, die vier werden wiedergewählt, wird eine neue Person zum eingespielten Team stossen: Martina Bircher (SVP), Ruth Müri (Grüne) oder Beat Flach (GLP). Die Regierungsräte hüten sich am Mittwoch davor, einen Wunsch zu äussern. Markus Dieth ist überzeugt, dass alle Kandidierenden gut aufgenommen werden: «Dieses Quartett ist integrationsfähig.»
Auch privat haben die Regierungsräte den Wahlkampf lanciert
Den Anlass inklusive Apéro zahlen die vier aus der eigenen Tasche, wie Markus Dieth betont. Nebst dieser gemeinsamen Veranstaltung sinder, Egli, Attiger und Gallati auch individuell in den Wahlkampf gestartet – in unterschiedlichem Masse.
Dieter Egli nahm kürzlich als einziger bisheriger Regierungsrat in Lenzburg an einemPodiumteil. Er ist in den sozialen Medien präsent und hat auf seiner Website ein Videoporträt mit den Schwerpunkten seiner Arbeit aufgeschaltet. Ein Wahlkampfvideo hat auch Stephan Attiger. Darin verweist er auf die Meilensteine in den Bereichen Raumplanung, Energie, Mobilität, sowie Natur und Umwelt.
Derweil wirbt Markus Dieth mit der Sanierung der Kantonsfinanzen für seine Wiederwahl. Und Jean-Pierre Gallati? Bis vor kurzem war bei ihm noch wenig vom Wahlkampf zu spüren. Auf seiner Website posiert der SVP-Politiker vor der Reussfront von Bremgarten. Wer auf das Bild klickt, gelangt zum Formular für das Unterstützungskomitee. Vor zwei Wochen umfasste dieses 141 Personen. Jetzt sind es 145.