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Glühender Feuerschweif über der Schweiz – das steckt dahinter

Am Dienstagabend war über der Schweiz ein helles Objekt mit langem Schweif zu sehen. Was dahinter steckt – und was daran gefährlich sein könnte.

Der mysteriöse Feuerschweif

Das glühende Objekt war grösser und um einiges langsamer unterwegs als eine Sternschnuppe, jedoch deutlich schneller als ein Flugzeug: Laut einer watson-Redaktorin war das Objekt fast eine Minute lang zu sehen. Erst dann erlosch der helle Feuerschweif.

Bei diesem dürfte es sich aller Wahrscheinlichkeit nach nicht um ein Naturphänomen handeln, dessen waren sich Astronomie-Experten schnell einig. Eric Lagadec, Astrophysiker am Côte-d’Azur-Observatorium, schieb auf der Plattform X: «Das ist kein Meteorit, es sieht stark nach dem Wiedereintritt eines Satelliten in die Atmosphäre aus.»

Wie diverse watson-User sowie Leute auf X berichten, war das Phänomen schweizweit zu sehen. Auch aus Süddeutschland, Norditalien, Frankreich und Belgien zirkulieren Aufnahmen, die das Objekt zeigen.

Worum es sich sehr wahrscheinlich handelte

Laut Météo-Express, einem Wetterdienst, der Prognosen für Frankreich, die Schweiz, Belgien, Luxemburg und Andorra abgibt, zeigt insbesondere die Fragmentierung in mehrere glühende Objekte, dass es sich um einen zerfallenden Satelliten nach dessen Wiedereintritt in die Erdatmosphäre handelt.

Dieser stammt wiederum höchstwahrscheinlich aus Elon Musks Starlink-Arsenal. Der Wiedereintritt von Starlink-Satellit 2382 war nämlich für den Zeitpunkt, zu dem die zahlreichen Berichte über die Sichtungen in der Region eingingen, vorhergesagt.

Diese möglichen Routen wurden für den Wiedereintritt von Starlink-Satellit 2382 vorausgesagt.
Bild: Météo-Express

Die Seiteorbit.ing-now.comprognostiziert anhand von Satellitendaten deren Umlaufbahn, Höhe, die genaue geografische Position und damit Zeit und Ort des Wiedereintritts. Auch diese berechneten Routen stimmen mit den Sichtungen des Feuerschweifs in Europa überein.

Was passiert beim Wiedereintritt?

Beim Wiedereintritt eines Objekts in die Atmosphäre entsteht eine starke Bremswirkung. Das Objekt verliert in kurzer Zeit, verglichen mit seiner Geschwindigkeit auf der Umlaufbahn ausserhalb der Atmosphäre, massiv an Tempo. Dabei wird extrem viel Energie in Hitze umgewandelt, welche den Körper zum Glühen bringt. Die Temperaturen an der Oberfläche des eintretenden Objekts können mehrere Tausend Grad betragen.

Werden die Objekte nicht durch einen speziellen Hitzeschild geschützt, wie das bei bemannten Raumfahrzeugen oder solchen, die wiederverwendet werden sollen, der Fall ist, werden sie zerstört.

Die Entsorgung von nicht mehr benötigten Weltraumobjekten auf diese Weise, besonders oft handelt es sich um Satelliten, ist bei Raumfahrtunternehmen wie der NASA oder Starlink beliebt, da es sich trotz der komplexen Berechnung von Ort und Zeitpunkt des Wiedereintritts, um eine relativ simple (und günstige) Entsorgungsmöglichkeit handelt. Nebst Satelliten wird die Methode auch für Raumsonden, Teile von Raketen oder gar von ausgedienten Raumstationen verwendet.

Ist das gefährlich?

Eine Gefahr für die Menschen auf der Erde besteht dabei in aller Regel nicht. Doch wenn es zu Berechnungsfehlern kommt oder sehr grosse Objekte eintreten, die nicht wie geplant komplett verglühen, kann der auf die Erdoberfläche stürzende Weltraumschrott eine Gefahr darstellen.

EineStudie der University of British Columbiakam kürzlich zum Schluss, dass die Wahrscheinlichkeit, dass ein Mensch auf der Erde in den nächsten zehn Jahren von Weltraumschrott getroffen wird, bei zehn Prozent liegt.

Das mag auf den ersten Blick nach viel klingen, in Anbetracht der Unmengen an Satelliten und anderen Objekten, die um unseren Planeten kreisen, ist das Risiko aber – im Vergleich zu anderen Gefahren, die uns tagtäglich drohen – vernachlässigbar.

Das sind nur gerade jene Satelliten von Elon Musks Starlink, die gerade um die Erde kreisen – 6865 an der Zahl.
Bild: satellitemap.space

Weshalb die Satelliten langfristig zum Problem werden könnten

Umstritten ist das Verglühenlassen von Objekten durch Wiedereintritt in die Atmosphäre aber aus Umweltperspektive. Denn obwohl die Objekte durch das Verglühen scheinbar spurlos «verschwinden», hinterlassen sie jede Menge Rückstände in der Atmosphäre.

Es werden Unmengen an Metallnanopartikeln freigesetzt, insbesondere Aluminiumoxid.Forscher der University of Southern California haben jüngst untersucht, wie viel schädliche Stoffe tatsächlich in der Atmosphäre verbleiben. Sie gehen davon aus, dass bei einem durchschnittlichen Satelliten, der 250 Kilogramm wiegt, etwa 30 Kilogramm Material nach dem Verglühen in der Atmosphäre bleibt.

Der Grossteil entsteht in etwa 50 Kilometer Höhe. Doch von dort trudelt das Material gemächlich Richtung Erdoberfläche. Laut den Forschern dauert es etwa 30 Jahre bis sich die Partikel auf etwa 40 Kilometer Höhe über der Erde annähern – in dieser Höhe beginnt die Ozonschicht.

Und für diese – und damit auch für uns – könnte die immer höher werdende Konzentration gefährlich werden. Laut den Studienverfassenden drohen die Unmengen an Tonnen von Aluminiumoxid, die sich der Erde in den nächsten Jahrzehnten schleichend annähern,die für uns Menschen überlebenswichtige Ozonschicht massiv zu schädigen.Die Ozonschicht schützt uns vor der UV-Strahlung der Sonne. Ohne sie würden wir regelrecht geröstet. Menschliches Leben auf der Erdoberfläche wäre kaum möglich.