Nach der EM ist vor der Nations League und dem Umbruch – Nati-Chef Tami sagt: «Ich mache mir Sorgen»
Für die Nati beginnt mit den Aufgaben in der Nations League ein neuer Zyklus. Wie auch mit dem nach Rücktritten erzwungenen Umbruch, den Trainer Murat Yakin zu moderieren hat. So viel steht laut dem Schweizer Verband schon mal fest. Die EM in Deutschland schliesst er mit einem Reingewinn von 2,5 bis 3 Millionen Franken ab – die Summe fliesst in einen Fonds, um spezielle Förderprojekte zu finanzieren.
Weshalb hebt Tami den Mahnfinger?
Apropos Förderung. Die Schweiz hat ein Nachwuchsproblem, in der Challenge League wie in der Super League. Die Anzahl Spielminuten junger Akteure mit Schweizer Pass wird zusehends kleiner. Einzig der FC Luzern setzt auf die eigenen Jungen. Nati-Chef Pierluigi Tami sagt: «Ich mache mir Sorgen, ja. Unsere jungen Spieler verlassen unsere Ausbildungsligen immer früher, ob dieser Weg aber richtig ist und sie im Ausland dann spielen? Stattdessen kommen Junge aus dem Ausland bei uns zum Einsatz. Das alles könnte für die A-Nati bald ein Problem werden, wir müssen reagieren.» Tami spricht von der Möglichkeit, dass man finanzielle Anreize setzen könnte.
Kommen wir zur Nations League. Wie ist hier die Schweizer Bilanz?
Seit 2018 und drei Ausgaben hält die Uefa an diesem Format fest. Die Schweiz war darin stets Stammkunde der Topliga A, wobei sie zweimal den Abstieg in extremis verhinderte. Bei der ersten Austragung erreichte sie als Gruppensieger das Final-Four-Turnier.
Was ist neu in der Nations League?
Neuerdings gibt es im kommenden März in Hin- und Rückspielen auszutragende Viertelfinals. Die Gewinner erreichen das Final Four. Für die Runde der besten Acht sind jeweils die vier Gruppensieger und Gruppenzweiten aus der Topliga A dabei. Die Gruppendritten bestreiten eine Barrage mit den Gruppenzweiten der Liga B, als Gruppenletzter steigt man sowieso ab.
Auf wen trifft die Schweiz?
Die Schweiz absolviert ihren Parcours mit Spanien, Dänemark und Serbien. Nimmt man die EM als Referenz, müsste der zweite Platz möglich sein. Diesen Donnerstag tritt die Schweiz zuerst in Kopenhagen an, am kommenden Sonntag empfängt sie Europameister Spanien in Genf. Das Heimspiel im Stade de Genève ist mit knapp 26’300 Fans ausverkauft.
Was ist das Ziel?
Technisch, taktisch, physisch und mental sei die Schweiz im Sommer stark gewesen, sagt Tami: ««Ich bin froh, wenn das so weitergeht. Wir wollen wieder an die WM und in die Viertelfinals der Nations League. Im Fokus steht also die Entwicklung einer neuen Mannschaft.»
Ist die Nations League wichtig?
Ja und nein. Es sind Begegnungen mit Pflichtspielcharakter, in denen auch Geld zu verdienen ist, allein zum Start gibt es 2,25 Millionen Franken. Ganz gewiss ist das noch nicht, doch die Partien dürften mit darüber befinden, in welchen Lostöpfen die europäischen Länder für die Auslosung der zwölf WM-Qualifikationsgruppen landen. Zumal jeder Sieg und jede Niederlage auch in die Weltrangliste einfliesst, hier ist die Schweiz derzeit in Europa an zehnter Stelle.
Wieso ist die Schweiz im Umbruch?
Xherdan Shaqiri, Fabian Schär und Yann Sommer sind nach der EM aus der Nati zurückgetreten. Da ging viel Qualität verloren mit 305 Länderspielen insgesamt. Werbetechnisch waren besonders Sommer und Shaqiri für den Verband interessant. In der Post-Phase gilt es nun, diese Lücken zu füllen. Für Sponsoren könnte Dan Ndoye eine gefragte Figur werden, der Shootingstar der EM. Sportlich ist vor allem Schärs Rücktritt schwierig zu antizipieren. Für Sommer steht neu Gregor Kobel im Tor, was auf dem Platz gar kein Nachteil sein dürfte. Tami sagt: «Wir werden die gleiche Qualität in Zukunft haben, aber eins zu eins kann man Shaqiri, Schär und Sommer nicht ersetzen. Es könnte schon auch schwierige Momente geben.»
Was muss man sonst noch wissen?
Silvan Widmer rückte für den verletzten Dominik Schmid ein, Ndoye fehlt verletzt. Noah Okafor hat wegen seiner ungenügenden Einstellung an der EM von Trainer Murat Yakin einen Denkzettel erhalten und wurde für den ersten Zusammenzug nach dem Turnier nicht aufgeboten. Tami sagt: «Ich wünsche mir, dass wir Okafor in der Zukunft wieder bei uns sehen werden. Murat hat die Türe offen gelassen.»