Das Ende einer langen Durststrecke: Patrick Rahmen gewinnt erstmals ein Ligaspiel mit den Young Boys
Schon vor dem Abpfiff auf der Schützenwiese zieht ein älterer Herr auf der Tribüne sein Fazit: «Da haben wir wieder einmal eine schöne Lektion bekommen!»
1:4 steht es am Ende aus Sicht der Winterthurer Hausherren. An und für sich ein gar nicht mal so spektakuläres Resultat, wenn der Gegner der Schweizer Meister ist. Aber YB ist gerade kein normaler Meister, trat in der Super League jedenfalls nicht wie einer auf. Sieglos und als Tabellenletzter reisten die Berner nach Winterthur. Und nachdem wegen der starken Auftritte in den Champions-League-Playoffs gegen Galatasaray und dem 40 Millionen Franken schweren Einzug in die Gruppenphase bei YB bislang noch keine Trainerdiskussion aufflammte: Bei der Rückkehr an die alte Wirkungsstätte war der Druck auf Patrick Rahmen nun endgültig da.
Und dann ist da noch Fabian Frei. Rahmens ehemaliger Spieler beim FC Basel, der vor zwei Wochen Hals über Kopf nach 543 (!) Spielen für Rot-Blau seine Zelte abbrach und nach Winterthur wechselte. Und dort mithelfen soll, den Klub auch in der dritten Saison nach dem Aufstieg in der Super League zu halten. Am Abend vor dem Heimspiel gegen YB wurde Frei im St. Jakob-Park vor ausverkauften Rängen verabschiedet, verdrückte dabei ein paar Tränen und sah danach seinen alten Klub den Klassiker gegen den FCZ mit 0:2 verlieren.
So gesehen war es kein gelungenes Wochenende für den 35-Jährigen. Denn tags darauf wird klar: Die Mission «Ligaerhalt» wird ein brutal schwieriges Unterfangen für Frei und den FC Winterthur, die Heimklatsche gegen die Young Boys machte das mehr als deutlich. Die Defensive präsentierte sich als nicht Super-league-tauglich und steht nun schon bei 14 Gegentreffern. Und wenn dann auch der Angriff derart harmlos auftritt (vier Saisontore), hat Trainer Ognjen Zaric, letzte Saison noch Rahmens Assistent auf der Schützenwiese, definitiv viel Arbeit vor sich.
Für Patrick Rahmen endet fünfmonatige Durststrecke
Es braucht für das klare Verdikt gar nicht mal einen brillanten Auftritt der Gäste. Es reicht die individuelle Klasse von Nati-Neuling Joël Monteiro, der drei Mal trifft. Dazu einen Abstauber von Silvère Ganvoula und hinten eine merklich stabilere Abwehrkette als bislang, ein Resultat des sehnlichst erwarteten Comebacks von Captain Loris Benito. Der sagt nach Schlusspfiff: «Ich hoffe, das war der Befreiungsschlag, eine Erlösung ist es sicher. Wir müssen in unserer Situation kleine Schritte machen und die Spiele in der Liga genauso ernst nehmen wie die Champions League.»
YB wackelt nur kurz. Als Labinot Bajrami (übrigens erst der zweite Winti-Torschütze in dieser Saison nach Matteo Di Giusto) kurz nach der Pause das 1:1 markiert, wird es plötzlich ruhig im Block der knapp 1000 mitgereisten Berner Fans. Doch schon mit dem nächsten Angriff bringt Monteiro die Gäste wieder in Führung. Diesem Treffer haben die Winterthurer nichts mehr entgegenzusetzen. Sie sind in der Folge der ideale Gegner für YB, um das angeknackste Selbstvertrauen mit zwei weiteren Toren etwas aufzubauen.
Das gilt ganz besonders auch für Patrick Rahmen: Nicht nur als YB-Trainer wartete er zuvor auf einen Ligasieg, sein persönlich letzter Vollerfolg in der Meisterschaft lag sogar über fünf Monate zurück. Damals war es ein 1:0 auswärts gegen Lausanne-Ouchy, mit dem sich Winterthur die Teilnahme an der «Championship Round» sicherte. Kurz danach begannen die Verhandlungen zwischen Rahmen und den Bernern.
161 Tage nach seinem bis dato letzten Sieg als Super-League-Trainer ist Rahmen natürlich «einfach froh» über das 4:1 in Winterthur: «Ein Start mit drei Niederlagen und danach drei Unentschieden macht mit jeder Mannschaft etwas, auch mit unserer. Es gilt, Stück für Stück wieder unsere vollen Qualitäten abzurufen. Spielerisch war das erneut eine Verbesserung, wir waren dominant und haben verdient gewonnen.» Und nach dem ersten Sieg kann man aus Berner Sicht die Ligabilanz nun auch so lesen: Seit vier Spielen ist YB ungeschlagen.