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Stefan Küng vergleicht sich nach WM-Enttäuschung mit Fabian Cancellara: «Ich bin halt kein Überflieger»

Stefan Küng enttäuscht im WM-Zeitfahren in Zürich als Achter. Danach vergleicht er sich mit dem vierfachen WM-Zeitfahrweltmeister Fabian Cancellara.

Schon oft haben Stefan Küng nur wenige Hundertstel zum grossen Triumph gefehlt. 2021 schrammt er vier Zehntelsekunden an Bronze vorbei, 2022 fehlen 2,95 Sekunden zum WM-Titel, und 2023 fehlen 53 Hundertstel zum EM-Titel. Doch diesmal bei der Heim-WM in Zürich ist es kein Hundertstel-Krimi. Fast eine Minute fehlt auf Bronze, fast zwei Minuten auf Gold. Als Achter verpasst der Thurgauer die angestrebte WM-Medaille deutlich. Nach dem Rennen ist er derweil gefasst. «Ich bin nicht sonderlich enttäuscht», sagt der 30-Jährige.

Im Vorfeld hatte Küng zu den Topfavoriten gezählt.Er sagt im Interview mit CH Mediaden Satz: «Ich bin brutal parat.» Doch als es zählt, merkt Küng rasch, dass es an diesem Tag nicht läuft. Später erzählt er, dass er zwar alles gegeben hat. «Aber ich habe einfach gemerkt, dass zwei bis drei Prozent gefehlt haben. Natürlich war die WM bei mir die ganze Saison immer im Hinterkopf und ein Saisonziel. Aber am Ende kann es immer einen Tag geben, an dem es harzig ist. Natürlich ist es nicht optimal, wenn dieser Tag ausgerechnet bei der Heim-WM kommt.» Gegen Ende des Rennens bricht Küng förmlich ein, im letzten Teilabschnitt ist er nur noch der 23.-Schnellste.

Der ewige Vergleich mit Cancellara

Die Heim-Weltmeisterschaft lasse sich Küng trotz schlechtem Resultat nicht verderben. Er habe am Start Hühnerhaut gehabt, die Unterstützung auf der Strecke sei gross gewesen. «Aber natürlich macht das mehr Spass, wenn man erfolgreich fährt», sagt er. «Das Publikum hätte es sicher gerne gehabt, wenn ich heute auf dem Podest gestanden hätte. Das hätte ich natürlich auch gehabt. Dass es nicht dazu kam, ist schade.»

Stefan Küng wird Achter bei der Heim-WM.
Bild: Claudio Thoma/Freshfocus

Immer wieder sagt Stefan Küng nach diesem Rennen, dass er auch «nur ein Mensch» sei und keine Maschine. Selber stellt er dann den Vergleich zum letzten Schweizer Zeitfahrweltmeister an: Fabian Cancellera. «Ich werde seit Anfang meiner Karriere mit ihm verglichen. Fabian ist vier Mal Zeitfahrweltmeister geworden, hat zwei Olympiamedaillen und sieben Siege bei den Monumenten des Radsports geholt. Er hat am Tag X immer geliefert. Aber ich bin halt ein Normalsterblicher und kein Überflieger wie Cancellara. Und wenn man normalsterblich ist, dann gibt es einfach auch Tage, an denen man nur menschlich ist. Heute war so ein Tag.»

Früher habe er sich bei knappen Niederlagen oft lange geärgert, daraus habe er aber gelernt. «In der Vergangenheit habe ich manchmal trotz eines zweiten Rangs einen Stein gezogen auf dem Podest. Inzwischen habe ich gemerkt: Ich kämpfe gegen die Besten der Welt. Alle wollen Weltmeister werden. Zum Teil ist es dann einfach so, dass es nicht reicht und andere besser sind.»

Olympiasieger Evenepoel siegt auch im WM-Rennen

Besser ist an diesem Sonntag vor allem das belgische Wunderkind Remco Evenepoel. Er gewinnt nach den Olympischen Spielen auch im WM-Rennen Gold. Der 24-Jährige siegt nach 46,1 Kilometern mit einem knappen Vorsprung von sechs Sekunden. Zweiter wird der Italiener vor Filippo Ganna, Dritter dessen Landsmann Edoardo Affini. Später spricht Evenepoel davon, dass er noch besser fahren könne, schliesslich habe er Probleme mit seinem Rad und seinem Velocomputer gehabt.

Ist wieder Weltmeister: Goldjunge Remco Evenepoel
Bild: Michael Buholzer / KEYSTONE

Es sind Aussagen eines Überfliegers, wie es früher Fabian Cancellara war. Küng dagegen sagte schon oft, dass er sich nicht mit den aktuellen grossen Velostars wie Tadej Pogacar, Wout van Aert oder Evenepoel vergleichen müsse. Zu talentiert seien diese, bei ihm dagegen müsse viel zusammenpassen für den grossen Triumph.

Und doch wäre es mehr als nur realistisch gewesen, dass Stefan Küng an der Heim-WM eine Medaille holt. Zwei Wochen zuvor hatte er das finale Zeitfahren an der Vuelta a España für sich entschieden, an der EM hat der zweifache Europameister zudem Silber gewonnen. «Ich hatte zuletzt einen Höhenflug. Zum Teil habe ich dann fast die Tendenz, dass ich dann zu viel machen möchte im Training. Vielleicht habe ich meine Patronen schon im Training verschossen», sagt Küng selbstkritisch.

Noch schwächer als Stefan Küng schneidet in diesem WM-Zeitfahren die zweite Schweizer Hoffnung Stefan Bissegger ab. Angetreten mit dem grossen Ziel, eine Medaille zu holen, bleibt er absolut chancenlos. Er belegt schliesslich nur den 29. Rang.

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