Die Fragezeichen um Hamas-Anführer Sinwar – ist er bereits tot?
Täglich gibt es Gefechte und damit Verletzte und Tote im Nahen Osten. Aktuell steht mehrheitlich die Eskalation zwischen Israel und der libanesischen Hisbollah im Fokus, doch auch im Gaza-Streifen bekämpfen sich die israelische Armee und die Hamas weiterhin. Ein erklärtes Ziel der Israeli: Die Vernichtung der radikalislamischen Hamas und damit insbesondere der Führungsriege der Terrororganisation.
In den vergangenen Wochen schaltete Israel mit teils mehr, teils weniger präzisen Operationen hochrangige Hamas-Mitglieder aus, beispielsweise den vormalig zumindest auf dem Papier höchsten Hamas-Boss, Ismail Hanija. Oder Mohammed Deif, den Chef des militärischen Arms der Hamas, der Qassam-Brigaden. Ein Mann jedoch entzieht sich konsequent dem Zugriff der Israeli: Yahya Sinwar, seit dem Tod Hanijas unbestrittene Nummer 1 der Organisation.
Allerdings mehren sich aktuell in Israel Gerüchte, wonach Sinwar unter Umständen bei einem der zahlreichen Luftangriffe verletzt oder gar getötet worden sein könnte, wie die Zeitung«Haaretz»schreibt. Sinwar, der als einer der Köpfe hinter dem Überfall auf Israel am 7. Oktober gilt, trat seit diesem nicht mehr öffentlich auf.
Nun soll er allerdings jeglichen Kontakt zur Aussenwelt verloren oder eingestellt haben, wie es in israelischen Medien heisst. Er habe seit geraumer Zeit keinen Kontakt mehr mit jemandem ausserhalb der Hamas gehabt.
Kontaktabbruch mit der Aussenwelt
Über die Gründe wird nun spekuliert: Laut mehreren israelischen Medienberichten, die sich auf Quellen beim Militärgeheimdienst Aman berufen, zieht dieser in Betracht, dass Sinwar bei einem Luftangriff verletzt oder getötet worden sein könnte. Beweise dafür gibt es aber keine. Israels Inlandgeheimdienst Shin Bet geht hingegen davon aus, dass Sinwar am Leben ist, wie die«Times of Israel»berichtet.
Die israelische Armee hatte in den vergangenen Wochen vermehrt Ziele bombardiert, unter denen die berüchtigten Tunnel der Hamas verlaufen sollen. Ob Sinwar dabei aber tatsächlich zu Schaden kam, ist nicht geklärt. Das israelische Militär kommentierte die Gerüchte in einer Stellungnahme: «Wir haben keine Informationen, die den Sachverhalt bestätigen oder widerlegen.»
Ein anderer Erklärungsansatz für den Kontaktabbruch mit der Aussenwelt ist, dass dieser absichtlich herbeigeführt wurde. Israel soll in den Geiselverhandlungen mit Mittelsmännern derzeit versuchen, Informationen zum Aufenthaltsort Sinwars zu erfahren. Somit könnten dem Einstellen des Kontakts auch sicherheitstechnische Motive zugrunde liegen.
Sinwar bleibt ein Phantom
Es ist indes nicht das erste Mal, dass in Israel über den allfälligen Tod oder eine Verletzung Sinwars spekuliert wird. Ende des vergangenen Jahres gab es vergleichbare Gerüchte. Später wurde bekannt, dass sich Sinwar in den Hamas-Tunneln versteckt hält und von dort nach wie vor grossen Einfluss auf die Geschicke bei der Hamas hat.
Vor kurzem gab es Berichte, dass er nur knapp einem israelischen Zugriff entging, als diese einen der Tunnel stürmten. Der Kaffee sei noch heiss gewesen, hiess es seitens der Einsatzkräfte. Damals wurde davon ausgegangen, dass sich der Hamas-Chef fortan an der Oberfläche unter der Bevölkerung versteckte.
Ob das tatsächlich stimmte, ist ebenfalls nicht belegt. Sinwar bleibt ein Phantom – es wäre nicht verwunderlich, wenn er trotz der aktuellen Gerüchte plötzlich wieder irgendwo auftauchen oder sich zumindest zu Wort melden würde.