Verdacht auf gefälschte Unterschriften: Bundeskanzlei hat zweite Strafanzeige eingereicht – mehrere Kantone betroffen
Im Zusammenhang mit möglicherweise gefälschten Unterschriften für Volksinitiativen hat die Bundeskanzlei (BK) eine weitere Strafanzeige wegen Verdachts auf Wahlbetrug bei der Bundesanwaltschaft eingereicht. Dass eine solche Strafanzeige in Vorbereitung ist, hatte CH Media bereits Anfang September berichtet.
«Die heute von der Bundeskanzlei eingereichte zweite Strafanzeige umfasst Verdachtsfälle aus mehreren Kantonen aus dem laufenden Jahr», schreibt die BK am Mittwoch in einer Medienmitteilung. Insgesamt gehe es um rund 950 mutmasslich gefälschte Unterschriften aus sechs Kantonen für fünf verschiedene Volksinitiativen. Es handle sich dabei um Unterschriften, die von den Behörden für ungültig erklärt wurden.
Zu den häufigsten Gründen für den Fälschungsverdacht und die Ungültigerklärung gehörten verschiedene Handschriften bei Mehrfachunterzeichnungen, falsche Geburtsdaten, falsch geschriebene Namen, falsch geschriebene oder erfundene Adressen sowie Unterschriftenlisten, die die gesetzlichen Anforderungen nicht erfüllen.
Es handelt sich um die zweite Strafanzeige der Bundeskanzlei wegen des Verdachts auf Unterschriftenfälschungen bei Volksinitiativen. 2022 reichte sie bereits eine Strafanzeige gegen Unbekannt ein. Diese Anzeige hat sie zwei Mal um neue Beweismittel ergänzt. Es ging dabei stets um Meldungen aus einem einzigen Kanton – mutmasslich aus der Waadt.
Anfang September sorgte eine Recherche der Tamedia-Zeitungen für Aufregung. Vor allem in der Westschweiz sollen Firmen, die im Auftrag von Komitees, Parteien und Verbänden bezahlte Unterschriftensammler beschäftigen, im grossen Stil Signaturen für Volksinitiativen gefälscht haben.
Runder Tisch soll Lösungen bringen
Der Bundesrat verzichtete nach den Enthüllungen auf unmittelbare Gegenmassnahmen. Nachkontrollen oder Sistierungen von hängigen Initiativen und Referenden lehnte er ab – auch mit Verweis auf die fehlenden rechtlichen Grundlagen. Auch sollten laufende Unterschriftensammlungen wie geplant weiterlaufen. Es lägen «keine belastbaren Indizien dafür vor, dass Volksbegehren nur dank gefälschter Unterschriften zustande gekommen wären», so die Landesregierung.
Die für die direktdemokratischen Prozesse verantwortliche Bundeskanzlei setzt neben der strafrechtlichen Verfolgung auch auf Prävention und verbesserte Abläufe: Bundeskanzler Viktor Rossi wird demnächst einen permanenten runden Tisch einberufen mit dem Ziel, dass sich Anbieter und Käufer von Unterschriften zu Transparenz- und Verhaltensregeln verpflichten, um so Unterschriftenfälschungen zu verhindern.
Zudem werde ein engmaschigeres Monitoring der Unterschriftensammel- und Kontrollprozesse aufgebaut. Zusätzlich stehe die Bundeskanzlei im Kontakt mit der Wissenschaft, «um technische Lösungen zum Schutz der Unterschriftensammlungen vor Missbrauch und Betrug zu prüfen». (cbe)