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Bundesrat will Hilfe für Opfer von häuslicher und sexueller Gewalt stärken – und mehr Täter fassen

Nach der Revision des Sexualstrafrechts will der Bundesrat nun die Hilfe für Opfer von häuslicher und sexueller Gewalt verbessern. Gleichzeitig sollen mehr Täter hinter Gitter kommen.

Endlich kann SP-Bundesrat Beat Jans einmal über ein anderes Thema reden als über Asyl – über ein ebenso schwieriges zwar, aber auch eines, das seiner Partei wichtig ist: Die Hilfe für Opfer von häuslicher und sexueller Gewalt soll ausgebaut werden. Die Regierung hat dazu am Mittwoch Gesetzesänderungen in die Vernehmlassung geschickt.

«Die Zahlen sind erschreckend», sagte Jans vor den Medien, und zählte auf: Letztes Jahr sind schweizweit über 19’000 Fälle von häuslicher Gewalt registriert worden. Pro Monat sterben im Schnitt zwei Personen an den Folgen von häuslicher Gewalt, in der Mehrzahl Frauen und Mädchen. Im häuslichen Bereich wurden zuletzt auch mehr sexuelle Vergewaltigungen registriert.

Der Bundesrat möchte die Rechte von Opfern von häuslicher und sexueller Gewalt stärken, wie Jans sagte. Die Hilfsangebote sollen ausgebaut werden. Denn das heutige Angebot auf kantonaler Ebene ist lückenhaft, wie der Bundesrat in seinem erläuternden Bericht festhält: Während einige Kantone ein System für eine spezialisierte medizinische Versorgung eingeführt hätten, existiere in anderen kein solches Angebot.

Spuren sichern für spätere Anzeige

Der Bundesrat will die Kantone künftig verpflichten, für genügend Angebote zu sorgen: Der Zugang zu einer spezialisierten Behandlung für die Opfer soll rund um die Uhr gewährleistet sein. Opfer von Gewalt müssten nach der Tat oft unmittelbar medizinisch behandelt werden, begründet der Bundesrat seinen Vorschlag. Gleichzeitig sei es wichtig, die Verletzungen und Tatspuren so schnell wie möglich forensisch zu dokumentieren.

Diese sogenannt rechtsmedizinische Dokumentation soll für die Opfer künftig kostenlos sein. Und, ganz wichtig: Die Opfer sollen diese verlangen können, auch wenn sie (noch) keine Anzeige einreichen. Die Verletzungen sollen also dokumentiert und die Spuren gesichert werden für den Fall, dass sich ein Opfer später entscheidet, den Täter anzuzeigen. Dadurch sollen mehr Täter dingfest gemacht werden.

Welche zusätzlichen Kosten die Gesetzesrevision verursacht, konnte Jans am Mittwoch nicht beziffern. Es sei derzeit nicht möglich, die personellen und zeitlichen Auswirkungen auf die Kantone abzuschätzen, heisst es im Bericht. Wegen der neuen Regelung zu den rechtsmedizinischen Leistungen dürften die Kosten für die Soforthilfe steigen, welche die Kantone bezahlen. 2023 beliefen sich diese schweizweit auf 15,8 Millionen Franken. Eine starke Erhöhung erwartet der Bundesrat nicht.

Widerstand von der SVP

Den Anstoss zu den Gesetzesänderungen hatten drei Parlamentarierinnen gegeben, Jacqueline de Quattro (FDP), Marina Carobbio (SP) und Tamara Funiciello (SP). Das Parlament hatte ihre Motionen klar angenommen; einzig die SVP hatte sich dagegengestellt.

Die SP begrüsste am Mittwoch den Vorschlag des Bundesrats. «Es ist erfreulich, dass der Bundesrat Opfer von häuslicher und sexualisierter Gewalt besser schützen will», wird Funiciello in einer Mitteilung zitiert. Die Vernehmlassung dauert bis am 24. Januar. Über die Gesetzesänderungen entscheiden wird das Parlament.