Musikkultur im Brügglifeld: Warum der FC Aarau weiterhin auf alte Gassenhauer setzt
Jedes Aarauer Kind weiss: Wenn im Brügglifeld «The Final Countdown» gesungen wird, dann hat der FC Aarau ein Tor erzielt. Und wenn im Brügglifeld «Sweet Caroline» gesungen wird, dann hat der FC Aarau gewonnen. Die alten Klassiker verleihen dem altehrwürdigen Stadion seit Jahren das perfekte Ambiente. Sie sind gar nicht mehr wegzudenken.
Dass sich das irgendwann so entwickelt, damit rechnete der ehemalige FCA-Speaker Daniel Angelini nicht. Angefangen hat das alles, als er zu Beginn der 1990er-Jahre vom damaligen Sportchef Wolfgang Frank gefragt wurde, ob er im Falle eines Aarauer Treffers einen Song abspielen könne. «Ich hatte an diesem Tag nur eine Bravo-Hits-CD dabei. Ich wählte dann <The Final Countdown> von Europe aus, weil es das einzige Stück darauf war, dass das Potenzial zur Hymne hatte. Und ich wusste bereits, dass es beim SC Bern als Tormusik funktionierte.»
«Manchmal klopften die Fans an die Speakerbox und schüttelten den Kopf»
Im Laufe der Zeit kamen weitere Gassenhauer hinzu. Beispielsweise der Song «Whatever you want» von Status Quo, der jeweils nach einem Aarauer Sieg zum Applaudieren animieren sollte. Auch dieser Klassiker wird bis heute noch abgespielt. An den Einlaufsongs «Blue Monday» von New Order und «Played-A-Live» von Safri Duo wurde ebenfalls über viele Jahre festgehalten.
Natürlich stellt sich da die Frage, warum sich modernere Musik nie durchgesetzt hat. Angelini, der bis 2005 im Brügglifeld den Speaker machte, erinnert sich: «Es gab zwischendurch schon mal Versuche andere Musik zu spielen, aber ich merkte zu meiner Zeit als Speaker, dass es wenig Spielraum für Experimente gab. Manchmal klopften die Fans auch an die Scheibe der Speakerbox und schüttelten den Kopf.»
Dabei sei auch Aberglaube ein Thema gewesen: «Anfangs der 2000er-Jahre lief der Song <Brügglifeld olé> vom damaligen Vizepräsidenten Daniel Probst als Tormusik. Doch es folgte eine sportliche Flaute und die Fans wollten <The Final Countdown> zurück, weil sie diesen Song mit erfolgreicheren Zeiten assoziierten.»
Nicht zuletzt habe auch die Anlage nur begrenzt Modernisierung zugelassen, erklärt Angelini. Und fügt an: «Zu meiner Zeit war ältere Musik auch besser für die Anlage. Wenn ein Stück zu viel Bass hatte, haben sich die Lautsprecher überschlagen.»
«Die Tormusik steht nicht zur Debatte»
Das kultige und alte Stadion und sein nostalgischer Sound aus dem letzten Jahrhundert. Manchmal könnte man meinen, dass im Brügglifeld die Zeit stehen geblieben ist. Mehr Fussball-Romantik geht fast nicht. Daran hält auch Remo Bachmann fest. Er ist der aktuelle Speaker und Musikaufleger im Aarauer Stadion. Bereits seit 15 Saisons steuert er die Boxen während den Heimpartien des FC Aarau.
Eines war dabei für ihn immer klar, der Song «The Final Countdown» ist unantastbar. «Da hören bei mir die Diskussionen auf. Dieser Song ist im Brügglifeld seit über 30 Jahren Kult, solange ich hier Speaker bin, steht die Tormusik nicht zur Debatte. Vielleicht ändert das sich dann im neuen Stadion.»
Auch Bachmann hat inzwischen einen alten Klassiker beigesteuert. Der Song «Sweet Caroline» läuft seit 2010 im Falle eines Heimsiegs. «Seit eh und je wurde <Whatever you want> abgespielt. Danach kam nichts mehr, obwohl die Mannschaft teilweise noch auf dem Feld stand. Da dachte ich mir, es hätte noch Platz für einen weiteren Hit. Also versuchte ich es mit <Sweet Caroline>, das Publikum hat dies sofort angenommen. Inzwischen ist der Song nach einem Heimsieg einfach Pflicht.»
Die Szene Aarau gab den Input für den Einlaufsong
Ein bisschen moderner ist die Musik während der Speaker-Ära von Bachmann allerdings schon geworden. Seit der Saison 2021/22 wurde die Einlaufmelodie «Blue Monday» von New Order durch «Machs för Aarau» vom Rapper Z5000 ersetzt. «Die Szene Aarau hat damals beim Speakerteam angefragt, ob wir diesen Track ein bisschen promoten können. Ich nahm ihn dann gleich als Einlaufsong. Er hat ziemlich viel Power und eignet sich daher sehr gut, um Spieler und Publikum in Stimmung zu bringen.»
Zudem hat sich die Musikauswahl beim Einwärmen verändert. Mit sogenannten Pump-up-Songs versucht Bachmann für eine motivierende Atmosphäre zu sorgen. Grossen Anteil an dieser Entwicklung hat der Ex-Aarau-Spieler Shkelzen Gashi: «Vor zwei Jahren kam er zu mir und bat mich darum, dass ich seine Playlist jeweils beim Warm-up abspiele. Am Anfang war ich da etwas skeptisch, wie das ankommt. Da waren viele Explicit-Songs darauf. Aber ich wollte ihm und der Mannschaft diesen Wunsch erfüllen und es gab von den Zuschauern auch keine Reklamationen. Also etablierte sich die Musik», sagt Bachmann schmunzelnd und fügt an: «Inzwischen ist es zwar nicht mehr Gashis Playlist, die abgespielt wird, aber ich habe neuere Songs im ähnlichen Stil hinzugefügt. Und falls es mal wieder ein paar Wünsche eines Spielers gibt, darf er gerne bei mir vorbeikommen.»