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Übler Verdacht um Sarco-Tote von Schaffhausen – 64-jährige Amerikanerin hatte angeblich Würgespuren

Noch immer sitzt Florian Willet, Präsident der Sterbehilfeorganisation «The Last Resort» in Untersuchungshaft. Weshalb, ist nicht vollends klar. Nun veröffentlicht eine niederländische Zeitung brisante Informationen.

Der erstmalige Einsatz der umstrittenen Suizidkapsel Sarco Ende September in der Schweiz sorgt weiterhin für Fragezeichen. Noch immer sitzt Florian Willet, Präsident der Sterbehilfeorganisation «The Last Resort», die den ersten Sarco-Einsatz koordiniert hatte, in Untersuchungshaft. Und entsprechend ermittelt die Schaffhauser Staatsanwaltschaft ebenfalls immer noch.

Es ist unwahrscheinlich, dass eine derart lange Untersuchungshaft nur wegen des Vorwurfs von «selbstsüchtiger» Beihilfe zum Suizid, wie es im Strafgesetzbuch genannt wird, angeordnet wird. Deshalb liegt der Verdacht nahe, dass noch aus einem anderen Grund ermittelt wird. Die niederländische Zeitung «de Volkskrant», die Sarco-Erfinder Philipp Nitschke über längere Zeit intensiv begleitet hatte, veröffentlichte nun brisante Informationen: Die Schaffhauser Staatsanwaltschaft ermittelt offenbar auch wegen vorsätzlicher Tötung.

Dafür soll es vorderhand einen konkreten Grund geben: Wenige Stunden nach dem Tod der Frau in dem Schaffhauser Waldstück habe ein Forensiker den Ermittlern am Telefon mitgeteilt, dass die 64-jährige Tote schwere Verletzungen am Nacken aufgewiesen habe. Die Rede ist von Würgespuren.

Informationen, die nur für noch mehr Fragen sorgen: Weshalb wurde der zusätzliche Verdacht nicht kommuniziert, aber gleichzeitig beim zuständigen Richter vorgebracht, um die Untersuchungshaft zu verlängern? Ist es tatsächlich denkbar, dass die Sarco-Kapsel nicht wie gewünscht funktioniert hat und der inhaftierte Florian Willet «nachgeholfen» hat? Er war immerhin mit der Sterbewilligen zum Todeszeitpunkt alleine im Wald. Die zwei Anwälte und die de-Volkskrant-Fotografin, die ursprünglich mit Willet verhaftet (und bald darauf wieder freigelassen wurden), sind erst nach Eintreten des Todes am Ort des Geschehens eingetroffen.

Es existieren Videoaufnahmen vom Todesprozess

Die Theorie kann nicht ausgeschlossen werden, scheint aber eher unwahrscheinlich: Die«NZZ»berichtet unter Berufung auf eine Person aus dem Umfeld von «The Last Resort», dass die Verstorbene an einer Knochenmark-Infektion, einer Osteomyelitis, gelitten habe. Diese habe die angeblichen Würgemale verursacht.

Laut «de Volkskrant» existieren zudem Videoaufnahmen von dem Todesprozess. Diese hätten zwar Lücken, weil sie nur auf Bewegungen reagieren, sie zeigten aber nichts Auffälliges. Willet habe den Deckel des Sarco nicht geöffnet. Die einzige Bewegung, die die Kameras innerhalb der Kapsel registrierten, sei auf die Verkrampfung des Körpers der Frau zurückzuführen, als diese bereits bewusstlos war. Eine Manipulation der Bilder sei wenig wahrscheinlich.

Die niederländischen Journalisten vermuten, dass der Vorwurf der vorsätzlichen Tötung aufgebracht wurde, damit die Staatsanwaltschaft mehr Ermittlungsspielraum hat. Unter anderem, um an die Kamera und das Handy der de-Volkskrant-Fotografin zu gelangen, aber eventuell auch, um eher eine Auslieferung des in den Niederlanden wohnhaften Sarco-Erfinders Philipp Nitschke erwirken zu können. Das ist allerdings ebenfalls Spekulation.

Auf eine Anfrage der «NZZ» gab der zuständige Schaffhauser Staatsanwalt unter Berufung auf das Untersuchungsgeheimnis keine Stellungnahme ab. Es bleibt damit weiterhin offen, weshalb Florian Willet immer noch in U-Haft sitzt.